Zusammen mit dem befreundeten Produzenten Philip Weinrobe verwandelte sie ihr Refugium in ein analoges Tonstudio. Das Resultat: Ihr zweites Soloalbum songs. Als nettes Begleitwerk gibt es das ebenso simpel betitelte instrumentals obendrauf, das aus zwei langen, improvisierten Instrumentalstücken besteht.
Diese Hintergrundgeschichte weckt Erinnerungen an Projekte wie das Bon Iver Debütalbum For Emma, Forever Ago. songs ist aber bei weitem kein schaler Aufguss von Indie-Folk Klischees aus den 2000ern, schon allein weil das Album so gar nicht nach einem Dokument von Einsamkeit und Isolation klingt. Tracks wie die erste Single „anything“ haben einen einladenden, sonnendurchfluteten Sound. Mit gerade einmal einer Akustikgitarre, ihrer Stimme und einer Hand voll Overdubs schafft Lenker auf der ersten Hälfte des Albums einige der eingängisten Folk-Pop Songs ihrer bisherigen Karriere.
Diejenigen, die sich letztes Jahr in den dichten und literarischen Texten der Big Thief Alben U.F.O.F. und Two Hands verloren haben, dürfen sich freuen: Auf Tracks wie dem umwerfenden „ingydar“ verwebt Lenker erneut eigene Erinnerungen mit Naturbildern, Beobachtungen zu den Eigenheiten zwischenmenschlicher Intimität und einem tröstlichen Blick auf die Allgegenwärtigkeit des Todes zu einem eigenwilligen Mythos. Die Stücke, in denen Lenker sich explizit mit ihrer Trennung beschäftigt, stehen in einem Spannungsverhältnis hierzu. Denn je mehr Lenker von ihrer unmittelbaren Zerrüttung preisgibt, desto stärker demystifiziert sie sich auch selbst.
Das gilt ganz besonders für die zweite Hälfte von songs. In der verzichtet Lenker auf Overdubs und lässt stattdessen die besonderen Klangcharakteristika ihres improvisierten Studios in den Vordergrund treten. Auf „not a lot just forever“ hört man jeden Saitenanschlag durch den begrenzten Raum der Hütte hallen, während Lenker über die emotionale Abhängigkeit zu ihrer Exfreundin singt. Das wirkt so, als hätte Lenker den Hörer*Innen mit der Pop-lastigen ersten Hälfte bewusst Einlass in ihren Rückzugsort gegeben, nur um ihnen nun in der klaustrophobischen Enge dieses metaphorischen Ortes den Boden unter den Füßen wegzuziehen.