Auf seinen bisherigen Alben positionierte sich Rieger eher in experimentellen Ambient-Gefilden, die von anschwellenden Synthesizer-Sphären und genereller Strukturlosigkeit geprägt waren. Auf Andere trennt er sich von dieser klanglichen Willkürlichkeit. Die einzelnen Songs unterliegen einer klaren Struktur, die man als Hörer*in auch eindeutig wahrnimmt. Der bisherige Ambientsound wird dabei durch ein diverses Klangbild ersetzt.
Die klangliche Vielfalt ist auch einer der großen Pluspunkte des Albums. Die Songs „Grenzen“ und „Maske“ erinnern dabei an melancholische Die Nerven-Songs, „Gift“ an Instrumentals von Kanye Wests Album Yeezy und „Etwas passiert“ an frühere Projekte. Durch die unterschiedlichen Einflüsse bleibt man konstant gespannt darauf, was Max Rieger als Nächstes vorhat. Was diese Vielfalt eint ist Riegers Gesang, der nun wesentlich prominenter hervortritt als auf früheren Alben. Darin betreibt er allerdings weiterhin die gewohnte Dekonstruktion der eigenen Identität. Die klangliche Untermalung der Texte sorgt dafür, dass die Texte nicht als pseudophilosophisches Kiffer-Gerede abgetan werden, sondern in Kombination aus Gesang und Text ein Gefühl von existenzieller Verlorenheit heraufbeschwören.
Mit Andere ist Max Rieger ein Album gelungen, das in der Tradition alter all diese gewalt-Platten steht. Rieger dekonstruiert sich und seine Existenz selbst und bettet diesen Prozess in vielfältige Soundsphären ein. Diese Untermalung besteht allerdings aus verschiedensten Klangkonzeptionen, die den Inhalt jeweils unterschiedlich erfahrbar macht und das Album so zu einer intensiven Gesamterfahrung werden lassen. Man kann also nur hoffen, dass sich Rieger weiterhin für zahlreiche Alben im deutschen Indie verantwortlich zeigt, wenn als deren kreative Kulmination eine Platte wie Andere entsteht.