Josephine von uniFM hat mit dem Politikwissenschaftsstudent Anton Rink über seine Erfahrung als BAföG-Bezieher und mit Ute Krystof vom SWFR über das BAföG-Amt gesprochen.
Keine Zeit zum Hören? Hier kannst du den Bericht nachlesen.
Die Abkürzung BAföG steht für Bundesausbildungsförderungsgesetz – und für Chancengleichheit, wie Ute Krystof vom Studierendenwerk Freiburg sagt. Denn die Idee dahinter sei, jungen Menschen ein Studium zu ermöglichen, deren Eltern das nicht finanzieren können. Da das BAföG am Bedarf gemessen wird, erhalten die Studierenden mit BAföG-Anspruch unterschiedlich viel Geld. Der monatliche Höchstsatz liegt in diesem Wintersemester bei 934 Euro. Von diesem Geld soll es Studierenden also möglich sein, zu leben. Neben einer Erhöhung der Sätze gab es dieses Jahr auch andere Änderungen am BAföG, erklärt Ute Krystof.
Krystof: Der Einkommensfreibetrag der Eltern ist deutlich erhöht worden. Und auch der für die Studierenden selber. Du kannst jetzt auch nebenher jobben und bis zu 520 Euro im Monat verdienen, ohne dass das von deinem BAföG abgezogen wird. Also da sind schon mal Schritte gemacht worden in die richtige Richtung.
Momentan beziehen nur rund 11 Prozent der Studierenden BAföG, während es in den 70ern zweitweise 45 Prozent waren. Dank der Erhöhung der Freibeträge sind nun wieder mehr Studierende BAföG-berechtigt. Dies wurde in den letzten Jahren von Medien und in der Politik immer wieder gefordert. Doch durch die Inflation ist beispielsweise die Erhöhung der Sätze schon wieder unwirksam geworden. Deshalb fordern die Studierendenwerke eine automatische Anpassung der BAföG-Sätze, also eine Art Inflationsausgleich.
Außerdem soll laut Krystof eine elternunabhängige Sockelförderung kommen. Das heißt, dass sich die Förderung nicht nur am Gehalt der Eltern bemessen soll, sondern auch an dem, was der oder die Student*in braucht. Denn das variiert, je nachdem, in welcher Stadt man studiert. In Furtwangen sind die Wohnungspreise nicht so hoch wie in Freiburg oder München.
Anton Rink studiert an der Uni Freiburg Politikwissenschaften und erzählt, wie es für ihn war, als er zum ersten Mal BAföG beantragte.
Anton: Ich fing an in Saarbrücken zu studieren und brauchte BAföG. Es war von Anfang an eigentlich klar, dass mich meine Eltern nicht oder nur sehr wenig unterstützen können.
Es war erstmal ein großer Wust an Dokumenten und Formalia, die ich natürlich nicht kannte und mit denen ich erstmal überfordert war. Meine Eltern ebenso, weil ja sowohl ich als Student, als auch die Eltern und Geschwister Dinge einreichen müssen. Ute Krystof ist dieses Problem bekannt.
Krystof: Ich weiß, BAföG hat diesen Ruf. Viele machen es bestimmt schon deswegen nicht, weil sie Angst haben vor diesem Papierkrieg. Aber ich kann aus eigener Erfahrung sagen – meine Tochter bezieht auch BAföG – es ist machbar.
Für den BAföG-Antrag braucht man zunächst die Steuerunterlagen der Eltern und muss seine Konten offenlegen. Anton erzählt, dass man auch alle Wertgegenstände angeben müsse. Dazu zählen selbst Laptop, Handy und Bargeld. Nachdem er alle Dokumente beisammen hatte, schickte er sie an das BAföG-Amt. Nach längerem Warten bekam er einen Brief vom Amt. Darin stand, welche Dokumente noch fehlen würden.
Anton: Ich schickte dann wieder einen längeren Brief – wichtig ist Brief, weil digital geht nicht – zum BAföG-Amt zurück. Daraufhin kriegte ich wieder einen Brief zurück und so ging das hin und her, bis man dann endlich alle Dokumente vollständig hat, was manchmal länger dauern kann.
So habe es fast jedes Mal Probleme mit den Kontoauszügen gegeben, etwa weil sie nicht von der kurzen Zeitspanne, in der er den BAföG-Antrag eingereicht habe, gewesen seien. Außerdem berichtet Anton, dass oft Dokumente nachgefordert worden seien, die er schon abgegeben habe.
Positiv hervorzuheben sei laut Anton die BAföG-Beratung im Infoladen des Studierendenwerks, bei dem Studierende jederzeit ohne Termin vorbeikommen könnten. Die Kommunikation mit dem BAföG-Amt sei jedoch oft schwierig, da nur auf explizite Nachfrage erklärt würde, was genau das Problem mit den Dokumenten sei.
Anton: Aufgrund des längeren Schriftverkehrs, aber auch wegen der langen Bearbeitungsdauer, dauert es dann immer sehr lang, bis man BAföG bekommt. Die Bearbeitungsdauer ist dieses Semester sehr lang, noch immer erhalte ich kein Geld. Ich war gestern (12.1.) beim BAföG-Amt und hab gefragt, wie es aussehen würde und mir wurde gesagt, dass vorgestern ein Bescheid erstellt wurde. Aber dementsprechend werde ich erst Anfang Februar Geld erhalten, obwohl ich den Antrag Anfang Oktober gestellt habe.
Das Problem der langen Bearbeitungsdauer bestätigt auch Ute Krystof:
Krystof: Das ist tatsächlich so und vor allem zur Zeit leider mit Personalmangel und Krankenstand ist das noch schlimmer geworden. Es ist schon bisschen ein Bürokratiemonster, es müssen unglaublich viele Formulare von unseren Mitarbeitern durchgelesen, geprüft, kopiert, abgelegt und verschickt werden.
Um diese Zeit zu überbrücken, hat das Studierendenwerk Freiburg Hilfsangebote im Programm. So gibt es die Möglichkeit, ein sogenanntes BAföG-Überbrückungsdarlehen zu bekommen. Dieses Darlehen sind maximal 600 Euro zinslos und die Zurückzahlung kann man dann zum Beispiel mit der Verrechnung der BAföG-Nachzahlung machen. Aktuell gibt es auch ein Energiekostendarlehen.
Vor zwei Jahren hat Anton seinen Studiengang gewechselt. Statt Kulturwissenschaften in Saarbrücken studiert er nun Politikwissenschaften in Freiburg
Anton: Der Studiengangwechsel ist oft schwierig beim BAföG, wenn es nach dem 2. Semester passiert. Davor sollte es kein Problem, da kann man ohne Begründung den Studiengang wechseln und trotzdem weiter BAföG bekommen.
Anton wechselte jedoch erst nach dem 3. Semester. Deshalb musste er eine Begründung für seinen Studiengangwechsel schreiben, um weiter BAföG zu erhalten. Dank eines hilfsbereiten Mitarbeiters gelang es ihm dann, die volle Förderungsdauer von sechs Semestern zu bekommen.
Eine große Baustelle ist die Digitalisierung des BAföGs.
Anton: Man kann inzwischen einen Online-BAföG-Antrag beantragen, aber online bedeutet nur, man bekommt ein PDF-Dokument, dass man online ausfüllen kann und denen dann digital zusenden. Mir ist in BAföG-Beratungen schon oft zu Ohren gekommen, dass sie sich das nicht wünschen, weil sie das dann dort ausdrucken und wieder analog bearbeiten würden und dann wieder in das digitale System eintragen würden. Da passiert immer noch ein Medienbruch.
Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag eine grundlegende BAföG-Reform für 2023 gefordert. Teil davon ist auch die konsequente Digitalisierung des gesamten BAföG-Prozesses.
Und nun? Ist das BAföG ein guter Ausweg aus finanziellen Nöten im Studium?
Anton: Also für mich funktioniert es nur dadurch, dass ich studieren kann, also würde ich schon sagen, dass es grundsätzlich ein guter Ansatz ist, Menschen das Studium zu ermöglichen. Aber es gibt großes Verbesserungspotential, sowohl an den Voraussetzungen, um BAföG zu bekommen, als auch an der Umsetzung des Antrags.
Auch Ute Krystof ist überzeugt davon, dass das BAföG ein guter Weg ist, jungen Menschen ein Studium zu ermöglichen und sie vor finanziellen Nöten zu bewahren.
Krystof: Aber das BAföG ist in die Jahre gekommen, die Zeiten ändern sich und das BAföG muss sich dringend auch ändern und wird das bestimmt auch tun.