Hallo Frau Joggerst. Sie sind Diplom-Sozialarbeiterin und seit Februar 2024 beim Projekt „protect. Schutz vor Diskriminierung und Machtmissbrauch“ an der Uni Freiburg tätig. Wer kann sich an Sie wenden?
Alle. Die Beratung ist für alle Statusgruppen an der Uni Freiburg offen. Das ist auch der Unterschied zu anderen Beratungsstellen hier an der Uni, welche oft nur für eine spezifische Gruppe zuständig sind. Also zum Beispiel nur für Studierende oder Mitarbeitende. Bei „Protect“ haben aber alle Menschen Zugang zu meiner Beratung und ich kann im Prinzip auch zu allen Themen betreffend Diskriminierung und Machtmissbrauch beraten.
Wann sollte man sich an Sie wenden?
Auf jeden Fall, wenn man von Diskriminierung und Machtmissbrauch betroffen ist. Das muss aber jede*r für sich entscheiden. Manchmal ist es so, dass man selbst Lösungsstrategien für eine Situation finden möchte und erstmal keine Unterstützung braucht. Sobald man aber offene Fragen hat oder sich unsicher fühlt, kann man sich gerne an mich wenden. Auch wenn man nicht ganz sicher ist, ob man Diskriminierung oder Machtmissbrauch erlebt oder beobachtet hat, kann man für eine Einschätzung vorbeikommen.
Dasselbe gilt für vorgesetzte Personen, welche sich unsicher sind, ob sie sich möglicherweise diskriminierend verhalten haben und sich entsprechend weiterbilden möchten.
Was bedeutet Diskriminierung und Machtmissbrauch spezifisch für den Uni-Alltag?
Ich denke, dass die Themen an der Uni von den Merkmalen der Diskriminierung sehr ähnlich wie in der Gesellschaft außerhalb der Uni sind. Die meisten Anfragen bei anderen Antidiskriminierungsstellen drehen sich um Rassismus und Diskriminierung aufgrund von Behinderung. Ob das hier tatsächlich auch so ist, wird sich in den Beratungen zeigen.
Beim Thema Machtmissbrauch ist das etwas anders, da der Aufbau einer Universität solche Situationen auch begünstigen kann. Dass es zum Beispiel in wissenschaftlichen Karrieren viele Abhängigkeiten und auch teilweise prekäre Arbeitsverträge gibt, ist in der Struktur einer Universität zu einem gewissen Grad auch verankert und kann zu Machtmissbrauch führen. Ich denke, dass das Projekt die Möglichkeit bietet, etwas mehr Bewusstsein dafür schaffen. Auch damit klar ist, dass Machtmissbrauch und Diskriminierung keinesfalls geduldet werden.
Was können Sie mit ihrer Arbeit tun, um Betroffenen zu helfen?
Helfen kann ich, indem ich Beratungen anbiete. Das kann so aussehen, dass ich zunächst nur eine Einschätzung abgebe oder mit der betroffenen Person überlege, zu was sie überhaupt bereit ist. Vielleicht möchte die Person erst mal nur erzählen oder sie wünscht sich eine Intervention. Dann können wir schauen, welche Schritte gemeinsam gegangen werden. Oder aber ich stärke die Person, sodass sie die nächsten Schritte selbst gehen kann. Bei schwerwiegenden Situationen kann auch überlegt werden, ob eine förmliche Beschwerde eingelegt wird. Vielleicht möchte die Person auch Schadensersatz oder stärkere Konsequenzen erwirken. Es ist auch möglich, dass ich eine Gruppenschulung für ein ganzes Team anbiete. Ganz wichtig ist, dass ich nach dem Landeshochschulgesetz bestellt und für die Beratung legitimiert wurde. Nach dem Landeshochschulgesetz § 4 a bin ich als Ansprechperson weisungsungebunden. Das heißt also, dass mir keiner vorschreiben kann, welche Wege ich in der Beratung gehe. Diese Unabhängigkeit ist für die Arbeit mit den Betroffenen natürlich sehr wichtig.
Außerdem habe ich Beratungsgrundsätze, an die ich mich halte. Am wichtigsten ist die Vertraulichkeit meiner Beratung. Ich gehe mit einer Situation nur auf Dritte zu, wenn ich von der betroffenen Person eine Schweigepflichtentbindung habe. Für Betroffene ist es wichtig zu wissen, dass ich ihr Anliegen vertraulich behandle, auch damit ihnen niemand Druck machen kann.
Das Projekt ist zunächst nur für drei Jahre geplant. Was sind die wichtigsten Aufgaben für die kommende Zeit?
Was ich gerade stark verfolge, ist das Erstellen einer Richtlinie zum Umgang mit Beschwerden über Machtmissbrauch und Diskriminierung an der Uni. Ich bereite auch einige präventive Angebote wie Schulungen vor, welche dann nächstes Jahr verfügbar sind. Außerdem arbeite ich an einer Evaluation, welche das Projekt auswertet. Für mich ist es wünschenswert, dass das Projekt nach den drei Jahren Laufzeit noch weiter bestehen kann und sich die Arbeit zu Antidiskriminierung und Machtmissbrauch an der Uni Freiburg fest etabliert.
Das Wichtigste ist aber natürlich, so viele Beratungen wie notwendig zu machen. Auch wenn es vielleicht schöner wäre, wenn das nicht so viele sind.