Hallo Hannah, ihr habt vor kurzem einen Aktionstag auf dem Platz der Alten Synagoge zum Thema Wohnungsnot veranstaltet. Wie kommt der Deutsche Gewerkschaftsbund, kurz DGB, dazu, sich dem Thema anzunehmen?
Als Dachverband der Gewerkschaften setzen wir uns nicht nur spezifisch für Arbeitnehmer*innenrechte ein, sondern generell für ein gutes Leben, auch für Studierende und Azubis. Dazu gehört für Studierende besonders bezahlbarer Wohnraum. Der Aktionstag war als Auftakt zur Bundestagswahl gedacht, weil gutes Wohnen eine große Forderung von uns ist. Wir setzen uns sehr für Bildungsgerechtigkeit ein und man muss es sich eben leisten können, gegebenenfalls bei den Eltern auszuziehen und in eine andere Stadt zu gehen, um zu studieren.
Was genau kritisiert ihr beim Thema Wohnen für junge Leute?
Für uns hängt die Wohnungsproblematik im Studierendenkontext sehr eng mit dem BAföG zusammen. Es ist ein Problem, dass nur elf Prozent aller Studierenden überhaupt BAföG bekommen. Das sind viel zu wenige, das prangern wir an. Dann ist die Wohnkostenpauschale im BAföG viel zu niedrig angesetzt. Wir geben von der DGB-Jugend immer einen alternativen BAföG-Bericht heraus und da machen wir deutlich, was am BAföG reformiert werden müsste.
Aktuell belaufen sich die durchschnittlichen Mietkosten für ein WG-Zimmer in Deutschland auf 403 Euro, was in manchen Städten wie Freiburg, München und Frankfurt natürlich noch überschritten wird. Im BAföG werden aber nur 325 Euro als Wohnkostenpauschale angerechnet wird, das ist total realitätsfern.
Was fordert ihr außer einer Verbesserung der finanziellen Unterstützung?
Wir fordern aktuell einen Mietenstopp für sechs Jahre und mehr sozialen Wohnungsbau. Wenn neue Wohnungen gebaut werden, sollen mindestens 30 Prozent davon dauerhaft Sozialwohnungen sein. Wegen der Einkommensgrenze als Voraussetzung hätten auch viele Studierende Anspruch auf solche Wohnungen.
Studierende können übrigens auch Wohngeld für sich nutzen, das sie unter bestimmten Bedingungen beantragen können. Außerdem fordern wir ein Vorkaufsrecht für Kommunen, Mietshäusersyndiakte und Genossenschaften. Es sollte nicht der Meistbietende eine Wohnung erhalten, sondern auch auf Sozialstandards geschaut werden.
Wie sieht es mit Umweltstandards aus?
Wir setzen uns auch sehr stark für eine Klimawende ein und uns ist bewusst, dass Wohnen da einen sehr großen Einfluss hat. Einerseits die Wohnungsgröße, da ist es oft ein Problem, dass Paare und alte Menschen in viel zu großen Wohnungen leben. Das hat einen sehr großen Einfluss auf den CO₂-Abdruck. Aber andererseits sind auch Zement und Beton ein sehr großes Problem.
Zusätzlich fordern wir, dass die CO₂-Steuer von den Vermieter*innen und nicht von den Mieter*innen getragen wird. Also dass die Kosten für klimaneutrales Wohnen nicht auf die arbeitnehmende Bevölkerung, die nicht so viel Geld hat, übertragen wird, sondern dass die Kosten von Menschen, die mehr finanzielle Ressourcen haben, getragen werden. Unsere Forderungen zur Klimakrise müssen gerecht sein, denn die Klimakrise ist auch eine Gerechtigkeitskrise.
Was erhofft ihr euch bezüglich der Erfüllung eurer Forderungen?
Wir richten uns an die neue Regierung und versuchen auch Einfluss darauf zu nehmen, welche Regierung es am Ende überhaupt sein wird. Außerdem versuchen wir unsere Mitglieder und generell Studierende darüber zu informieren, welche Parteien ihre Interessen am ehesten vertreten. Da wir überparteilich sind, sprechen wir aber keine Wahlempfehlung aus. Bei einer schwarz-grünen oder grün-schwarzen Regierung wird sich da aber wohl nicht extrem viel ändern.