Wo die leeren Tabletts wohl landen? Eine Frage, die mich und einen Freund beim gemeinsamen Mittagessen im Pavillon umtreibt, als wir die mal wieder überfüllte Tablettabgabe beobachten. Schließlich fahren die Tabletts mitsamt Speiseresten in einen Holzkasten und verschwinden aus unserem Blickfeld.
Nach dem Essen begeben wir uns auf die Suche und entdecken die Plexiglassäulen im Erdgeschoss direkt neben dem Eingang, in denen die Tabletts abwärts fahren. Leider finden wir nicht heraus, wohin und die Neugier bleibt.
Ich habe Glück, denn bereits wenige Wochen später bietet das Studierendenwerk eine Mensaführung an, an der ich teilnehmen kann. Es gibt also eine Möglichkeit, das Geheimnis zu lüften. Und so begebe ich mich am Mittwoch der ersten Semesterwoche etwas früher als üblich zur Mensa Rempartstraße.
Ich bin nicht die einzige Interessentin. Ausnahmsweise tummeln sich heute vor der Mensa bereits um 11 Uhr einige Studierende. Carsten Höting ist der Leiter der Mensa Rempartstraße und nimmt mich und rund 30 Interessenten und Interessentinnen mit, um einen Blick hinter die Kulissen der Mensa zu werfen.
Zunächst begeben wir uns zur Warenannahme. Der Mensaleiter erzählt, dass die Mensa bereits ab halb sieben morgens Waren annimmt, damit der Mensabetrieb um 11.30 Uhr anlaufen kann. Denn alles was frisch ist, wie Salat oder Gemüse, erhält die Mensa täglich von Freiburger Lieferanten. Der Anspruch der Mensa ist, dass das Angebot so regional wie möglich sein soll.
Bevor wir uns schließlich hinter die Kulissen begeben, holt Carsten Höting einen großen Karton hervor, in welchem sich zahlreiche weiße Kittel befinden, die wir aus hygienischen Gründen tragen müssen. Aus dem großen Stapel ziehen wir alle ein Exemplar heraus und ziehen diesen über. Nun erinnert unser Erscheinungsbild eher an den Gang in den OP als an die Erkundung der Mensa. Lediglich die Kopfbedeckung bleibt uns erspart.
Studierende blicken hinter die Kulisse der Mensa
In kleinen Gruppen betreten wir die Aufzüge und fahren in den Keller. Dort erreichen wir direkt unsere erste Station: Der Raum, in welchem der Salat vorbereitet wird. Am frühen Vormittag werden hier pro Tag 50-60 Kisten Salat gezupft und in riesigen „Waschmaschinen“ gewaschen. Zehn Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind dafür zuständig, dass wir später alle etwas im Salatschälchen auf unserem Tablett haben. Als wir diesen „Salat“-Raum durchqueren, ist er bereits aufgeräumt und verlassen, denn die zuständigen Beschäftigten werden bereits ab 11.15 Uhr an der Essensausgabe gebraucht.
Auch der restliche Keller wirkt zu dieser Uhrzeit ausgestorben und so können wir diesen entspannt erkunden. Als wir nebenan kurz den Kühlraum betreten, ist das eine willkommene Abwechslung, denn unter den weißen Kitteln wird es langsam warm.
Im Gang hier unten decke ich bereits einen Teil des Rätsels auf, wohin die Tabletts verschwinden. Eine silberne Verkleidung über unseren Köpfen gehört zum Tabletttransport. Darauf bewegt sich – für uns nicht sichtbar – das Band, welches die Tabletts durch die Mensa transportiert. Nachdem die Tabletts durch die Plexiglastürme im Erdgeschoss geleitet wurden, fahren sie darauf durch den gesamten Keller zur Spülküche im Erdgeschoss. Da sich die Spülküche im hinteren Teil der Mensa befindet, ist der Transport durch den Keller am unkompliziertesten. Kurze Zeit später werden sich bereits zahlreiche Tabletts über unseren Köpfen bewegen. Immer wieder entdecken wir während der Führung Teile des Tablettlabyrinths über unseren Köpfen.
Auch das Stapeln von Tabletts führt zu Stau, weil das System auf das Sortieren einzelner Tabletts ausgelegt sei. Denn – wie sich später in der Spülküche herausstellt – die Tabletts landen nach dem Tablettlabyrinth in einer vollautomatischen Maschine, die jeweils den Teller, die Salatschlüssel, das Tablett und das Besteck sortiert und anschließend im Schnelldurchgang reinigt. Jeder Teller wird so in der Mittagszeit zwischen 11.30 und 14 Uhr circa drei Mal benutzt.
„Wie viele Tablettunfälle gibt es pro Woche?“ will ein Student wissen und Carsten Höting erzählt, dass es jeden Tag kleinere Probleme mit den Tabletts gebe und ein bis zwei Mal pro Woche einen „Auffahrunfall“. Grund dafür seien Servietten oder vergessene Gegenstände auf den Tabletts, wie Unicards oder Handys, die in Berührung mit den Lichtschranken kommen.
Wir gehen weiter durch den Keller und Höting zeigt uns den Vorratsraum der Mensa, in der sich große Mengen des Trockensortiments befinden. Hier lagern Soßenzusätze, Nudeln, Bulgur und Kartoffelpüree Fix in großen Mengen. Während die Soßenzusätze zum Abschmecken der Soßen verwendet werden, dient das Kartoffelpüree nur zur Absicherung, sollten die Kartoffeln einmal unerwartet ausgehen, denn in der Regel wird Essen wie Kartoffelpüree, Hummus und Pesto selbst hergestellt.
So werden beispielsweise 150 Kilogramm Pesto in einer riesigen Moulinette zubereitet, denn die eigene Herstellung ist immer noch am preiswertesten, erklärt Höting. Die gern unter meinen Freunden erzählte Geschichte, dass das grüne Pesto von der Mafia als Geldwäsche genutzt wird und die Mensa diese Mengen auf der Lasagne loszuwerden versucht, bewahrheitet sich also nicht.
Riesige Wannen und Schöpfkellen
Als wir in den Aufzug steigen, der uns ins Obergeschoss zur Küche bringen soll, werden wir von einem angenehmen Essensduft begrüßt. Wir rätseln, was es heute zu essen gibt und von Cordon Bleu bis Pizzabrötchen ist so ziemlich jeder Vorschlag dabei. Doch als wir die Mensa-App checken, stellt sich heraus: Wir lagen alle falsch, denn heute gibt es unter anderem Gitterkartoffeln, Gemüsepaella und Spinat-Käse-Taschen.
Oben angekommen erleben wir die Essensausgabe von der anderen Seite, denn wir dürfen uns in der gesamten Küche – die sich direkt hinter der Essensausgabe des Essens eins und zwei befindet – frei bewegen. Auffallend sind dabei die Dimensionen sowohl der Küche als auch jeglicher Nutzgegenstände: Das Gemüse wird in riesigen Wannen gekocht. Auch die überdimensionalen Schöpfkellen und Schneebesen entgehen uns nicht.
Zu dieser Uhrzeit sind die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen vor allem damit beschäftigt, die großen Mengen der Gerichte in essbare Mengen zu portionieren. Zwei von ihnen nehmen den zubereiteten Salat aus dem großen Behälter und geben ihn in die kleinen, wohlbekannten Salatschüsseln. Vier Mitarbeiterinnen stehen nebeneinander am Band für das Tagesgericht und platzieren nacheinander Gitterkartoffeln, Texasspieß und Soße auf dem Teller. Es herrscht bereits Hochbetrieb, aber die Stimmung ist gut. Die Beschäftigten lassen sich auch durch die herumstreunenden Studierenden nicht aus der Ruhe bringen.
Immer wieder muss der Nachschub in großen Behältern aus der Küche zur zentralen Essensausgabe des Essens eins und zwei gefahren werden, denn das Essen wird auch über Mittag frisch gekocht. Dadurch könne gewährleistet werden, dass nur kleine Mengen an Essen weggeschmissen werden müssen, denn die Gerichte, die sich bereits in der Ausgabe befinden, müssen laut Gesetzgeber entsorgt werden, erklärt Höting.
Circa 50 Gramm Essen pro studierender Person muss die Mensa jede Woche entsorgen – diese Zahl beinhaltet aber gleichzeitig jegliche Essensabfälle, welche bei der Produktion der Gerichte anfallen. Was in der Küche übrig bleibt, findet in der Regel noch Verwendung: Beilagen des Vortages werden regelmäßig als Nachschlag ausgegeben. Auch Gemüse kann häufig in einem anderen Gericht des Folgetages verwertet werden.
Wir verlassen die Küche und fahren mit dem Aufzug wieder zum Ausgangspunkt zurück. Es ist bereits 12.30 Uhr und wir beschließen bei der Lebensmittelvernichtung behilflich zu sein.
Der Mensabesuch in Bildern