Ob im Institutsviertel, in der Rempartstraße oder in Littenweiler: Die Mensa ist ein zentraler Ort für Studierende. Dort treffen sich die meisten mehrmals die Woche mit ihren Kommiliton*innen, um Mittag zu essen.
Wir bei uniCROSS haben uns schon länger gefragt, wie das Essen auf den Teller kommt und wer eigentlich entscheidet, was es zu essen gibt. Weil wir dachten, dass wir mit diesen Fragen nicht alleine sind, haben wir über Instagram auch die Studierenden gefragt, was sie schon immer über die Mensa und das Essen wissen wollten.
Es wurde deutlich: Warum Sellerie im Essen ist und wann es wieder eine Abendmensa gibt, beschäftigt die Studierenden.
Josephine und Johanna von uniONLINE haben sich mit Christian Brogle, Chef der SWFR Hochschulgastronomie, getroffen und ihm eure Fragen gestellt.
Hallo Herr Brogle. Sie sind der Leiter der SWFR Hochschulgastronomie, also auch für alle Freiburger Mensen zuständig.
Was ist denn das beliebteste Essen?
In der Mensa gibt es nicht das beliebteste Essen. Wir haben mittlerweile einen sehr hohen Anteil an vegetarischen und veganen Gerichten, aber in einer großen Bandbreite. Die Bowls sind im Moment sehr angesagt und Burger auch, aber nur in der veganen/vegetarischen Variante.
Ansonsten haben wir auch einen sehr hohen Beliebtheitsgrad bei „asiatischen“ und insbesondere „indischen“ Gerichten. Deswegen kochen wir auch viele dieser Gerichte. Außerdem wollen wir nicht den Fehler machen, in der vegetarischen oder veganen Variante nur die Fleisch- oder Fischkomponente wegzulassen und die anderen Komponenten zu erhöhen. Dann fehlt ernährungsphysiologisch oft die Proteinquelle. In veganen Gerichten ist das oft Soja oder Tofu, aber Hülsenfrüchte wie Linsen und Kichererbsen sind viel besser. Wir setzen viele von diesen Produkten ein, damit sind wir automatisch bei „indischen“ Gerichten.
Bei den Bewertungsterminals gibt es viele Essen, die eine gute Bewertung haben. Die Kriterien sind für uns nicht ganz nachvollziehbar. Will das jemand öfter haben, weil‘s ihm gut schmeckt?
Aus dieser Bewertung heraus entsteht die „Lieblingsessen-Woche“, die es immer zu Semesterende gibt. Da wird das Quartal ausgewertet und geschaut, was die beliebtesten Essen beziehungsweise die Essen mit den höchsten Bewertungen waren.
Wenn die vegetarischen und veganen Gerichte so stark nachgefragt werden, warum gibt es dann noch fast jeden Tag ein Fleischgericht, aber außer dem Wochenangebot nicht immer ein veganes?
Es gibt immer ein veganes Essen, nur nicht in jeder Mensa. Wir müssen die Vielfalt unserer Gästestruktur abbilden. Wir haben einen Versorgungs- und keinen Missionsauftrag. Wir kochen das, was unsere Gäste essen wollen. Der Anteil an vegetarischen Gerichten ist heute schon sehr hoch, das hätte ich mir früher nicht mal ansatzweise vorstellen können. Wir sind jetzt etwa bei 80 Prozent vegetarisch/veganer Ernährung. Der wirkliche Fleischanteil ist mittlerweile einstellig, weil auch am Fleischgericht Beilage und Salat dabei sind. Also von diesem Teller ist auch nur ein Viertel oder ein Fünftel Fleisch.
In der Mensa Rempartstraße gibt es jeden Tag fünf Essenslinien, davon ist eine mit Fleisch und beim Wochenangebot ist es wählbar. Es gibt auch nicht jeden Tag Fleisch. Donnerstags gibt es in der Rempartstraße kein Fleisch und dienstags im Institutsviertel.
Warum ist in jedem Essen Sellerie?
Die Grundlage für alle Gerichte ist eine vegetarische Gemüsebrühe, die wir selbst herstellen. Diese besteht aus Suppengemüse und nicht aus industriell hergestellten Produkten. Sellerie ist das einzige Gemüse, das in der Allergenkennzeichnung kennzeichnungspflichtig ist, daher ist die Kennzeichnung jedes Essens mit Sellerie.
Bei manchen Essen geben wir auch Sellerie als Gemüsestreifen hinzu. Sellerie ist ein klassisches Gemüse in vielen Gerichten, da sie mit der Tomate eine der wenigen natürlichen Quellen von Glutamat ist. Wir haben das jedoch schon deutlich reduziert. Die Staudensellerie lassen wir jetzt fast komplett raus. Das ist angekommen!
Woher kommen die Zutaten für die Gerichte?
Wir haben viele Produkte, die wir regional einkaufen: Gemüse, Obst, Molkereiprodukte, Fleisch- und Wurstwaren, aber auch Fette und Öle. Aber sowas wie Reis und Gewürze sind natürlich Importware. Über 40 Prozent unserer Produkte sind regional, das bedeutet, dass es aus Baden-Württemberg kommt. Unser Studierendenwerk ist ja auch zuständig für Hochschulen von Kehl bis Lörrach und von Freiburg bis Villingen-Schwenningen.
Wenn ich ein Monoprodukt – also einen Salatkopf oder Milch – habe, dann ist Regionalität einfach abzubilden. Aber wenn ich Brot kaufe, dann habe ich ja Zutaten, die irgendwo herkommen, in der Mühle verarbeitet und dann beim Bäcker gebacken werden.
Wie sieht es mit bio aus?
Wir haben einen mittleren Anteil an Bioprodukten, aber unser Schwerpunkt liegt auf Regionalität. Denn was nützt mir ein EU-Biosiegel, wenn die Kartoffel aus Zypern kommt? Wenn der Bauer hier am Oberrhein ist, dann können wir zu dem hinfahren und kennen den Erzeuger selbst. Damit hat man mehr für die Nachhaltigkeit getan.
Wie wird entschieden, welche Gerichte es in der Mensa gibt?
Wir treffen uns einmal in der Woche mit den Freiburger Mensaleiter*innen und mit dem zentralen Einkauf und besprechen neue Rezepturen. Es gibt grundsätzlich eine zentralisierte Datenbank mit Rezepturen, aber jede Mensa hat ihren eigenen Speiseplan, den die Mensaleitung vor Ort entscheidet. In der zentralen Datenbank wird auch die Kennzeichnung der ganzen Zusatzstoffe und Allergene erfasst. Deshalb ist es auch wichtig, dass die Mensa genau nach der Rezeptur kocht.
Das Zusammenstellen hat dann auch wieder technische Belange. Wenn wir einen Auflauf machen, dann haben wir morgens den starken Produktionsaufwand, bei dem wir das Gemüse schälen, schnippeln, würzen, auf Bleche bringen und backen und mittags muss es nur nochmal warm gemacht, in Stücke geschnitten und ausgegeben werden. Das andere Gericht ist dann vielleicht ein Pfannengericht, da muss ich morgens nur richten und habe mittags einen größeren Aufwand.
Jedes Gericht wird nach den Ernährungsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung bewertet. Das heißt wir müssen immer auch gucken, wie viele Kohlenhydrate, wie viel Protein, wie viel Fette, wie viel Ballaststoffe haben wir da drin.
Wenn Sie die ganze Woche eine Essenslinie, beispielsweise das Tagesgericht, essen, dann haben Sie alles, was Sie brauchen. Das ist alles mit dem Durchschnittswert berechnet, aber der Umsatz ist von Person zu Person anders. Natürlich ist es nicht schlimm, wenn Sie einmal die Woche die Dicke Fritten Chili Cheese essen, aber wenn Sie das die ganze Woche machen, stimmt es ernährungsphysiologisch nicht mehr.
Warum gibt es manche Gerichte immer an einem bestimmten Wochentag? Zum Beispiel gibt es in der Rempartstraße das Gemüsechilli immer am Montag und den Veggie Cheeseburger immer am Mittwoch.
Das Patty vom Veggie Cheeseburger machen wir selbst. Das heißt, wir schnippeln am Montag das Gemüse, machen am Dienstag das Patty und Mittwoch wird es gebraten und fertig gemacht. Also kann ich das nicht am Montag machen, sonst müsste ich das Patty am Wochenende vorbereiten oder am Donnerstag und dann übers Wochenende einfrieren.
Am Montagmorgen wissen wir oft nicht, wie viel Personal da ist und ob die Ware so kommt, wie sie bestellt ist. Das heißt, da muss es ein Gericht geben, das safe ist. Also zum Beispiel ein Chili.
Was passiert mit dem Essen, das übrig bleibt?
Es bleibt extrem wenig übrig, weil alle unsere Mensen in die Ausgabe produzieren. Sie haben ein Essen in etwa 15 bis 20 Minuten fertig und in den 20 Minuten, in denen das Essen ausgegeben wird, gart die nächste Charge. Für uns ist die Mensa in der Produktion relativ einfach. Es geht um 11.30 Uhr los und ab diesem Moment sind Gäste da, bis es um 14 Uhr wieder aufhört. Das heißt, die Ausgabe geht zweieinhalb Stunden genau im gleichen Takt. Die Schlange wird länger oder kürzer, aber an der Ausgabe ist der Takt immer gleich, etwa alle drei Sekunden wird ein Essen ausgegeben. Der Küchenleiter muss nur in der letzten Viertelstunde entscheiden, wann aufgehört oder nur noch eine kleine Charge gemacht wird.
So produzieren die Mensen ihr Essen quasi auf den Punkt. In der Mensa Rempartstraße sind das 4.000 bis 4.200 Essen pro Tag und die produzieren dieses Essen auf vielleicht 50 Essen genau. Da bleibt dann schon noch Gemüse übrig, aber das ist nicht zubereitet und das wird dann am nächsten Tag angebraten oder für eine Soße wiederverwendet. Oder den gekochten Reis gibt’s dann am nächsten Tag am Nachschlag und den Salat als Beilagensalat. Wir haben also keine Überproduktion, sondern nur eine kleine Menge, die übrig ist. Nach der Essensausgabe isst auch noch unser Personal und die essen dann quasi die Behälter leer.
In einem Projekt wurde mal erfasst, dass wir am Ende etwa 60 Gramm Abfall pro Portion haben. Das ist ein duplo-Riegel. Das schaffen Sie zuhause nicht. Das sind etwa 20-25 Gramm Restabfälle wie Zwiebelschalen. Dann haben wir 20 Gramm, die zu viel produziert wurden. Die restlichen 20 Gramm sind Speisereste, die auf den Tellern übrig bleiben, weil sie nicht aufgegessen werden. Das ist natürlich immer Bioabfall und kann von uns nicht wiederverwendet werden. Da rufen wir dazu auf, sich entweder eine kleinere Portion geben zu lassen oder sich den Rest in einer Box mitgeben zu lassen. Das machen ja auch viele.
Wann fangen Sie an, das Essen zu kochen und vorzubereiten?
Wir fangen morgens um 7 Uhr mit den ersten Vorbereitungen an. Die Küchenmitarbeiter*innen kommen dann so gegen halb 8 und schnippeln Gemüse und waschen Salat. Dann werden in der Küche Vorproduktionen wie Burger-Patties für den nächsten Tag erledigt oder Essen wie Lasagne fertiggestellt. Ab 11 geht dann die finale Fertigstellung los. Feierabend ist für die Köch*innen um 3 und für die Küchenmitarbeiter*innen um 4 Uhr.
Wie viele Menschen arbeiten in den Mensen?
In der Rempartmensa arbeiten um die 60 Menschen. Umgerechnet sind das etwa 45 Mitarbeiter*innen in Vollzeit. Wir haben einen hohen Anteil an Teilzeitmodellen, weil wir für viele Mitarbeitende aus familiären Gründen individuelle Zeitmodelle haben. Insgesamt arbeiten bei uns 170 Mitarbeiter*innen in den Hochschulmensen und Cafeterien.
Wie viel Essen wird am Tag gekocht?
Insgesamt sind es in allen Mensen zusammen um die 11.000 Essen am Tag.
In der Rempartstraße werden zwischen 4.000 und 4.200 Essen ausgegeben. Im Institutsviertel sind es etwa 2.500 und an der Pädagogischen Hochschule 1.000 Essen am Tag. Damit ist die Rempartmensa die meistbesuchte Mensa in Freiburg.
Die Gerichte kosten ja unterschiedlich viel. Wie kommen die Preise zustande?
Wir sind eines der wenigen Studierendenwerke die keine Tages-, sondern Durchschnittspreise verwenden, das Essen kostet also jeden Tag gleich. Der Schnelle Teller ist oft ein einfaches Einschöpfgericht. Das Tagesgericht in der Rempartstraße wird über das Fließband ausgegeben und hat daher keine Wahlmöglichkeit.
Auch in der Zusammensetzung ist es meist einfacher und daher etwas billiger. Bei Essen 1 und 2 wäre es möglich, die Beilagen der unterschiedlichen Gerichte zu tauschen, außerdem kann man die Portionsgröße auswählen oder Extrawünsche äußern. So ist das Essen etwas teurer. Das Wochenangebot ist individuell zubereitet und daher nochmal teurer.
Die Kosten eines Gerichts sind etwa der Gästepreis von 6,90 Euro. Wir kriegen gewisse Arten des Zuschusses. Weil wir gemeinnützig sind, ist auf unserem Essen keine Umsatzsteuer. Auch die Semesterbeiträge, die von den Studierenden bezahlt werden, subventionieren das Essen. Der dritte Faktor ist, dass die Gebäude dem Land gehören und wir daher keine Miete zahlen müssen. Dann gibt es noch einen kleinen Anteil, den das Studierendenwerk als Festzuschuss vom Land Baden-Württemberg bekommt, davon fließt auch ein Teil in die Mensen. Durch Gästeessen, Mitarbeiter*innenessen, Catering und das Essen in den Cafeterien erwirtschaften wir einen gewissen Anteil von Deckungsbeträgen.
Die Preise wurden in den letzten Monaten angehoben, viele Studierende merken das finanziell. Warum gab es die Erhöhung?
Die Lebensmittel- und Energiepreise explodieren und trotzdem bekommen wir nicht mehr Zuschüsse. Wir haben Lebensmitteleinkaufspreise, die sich teilweise verdreifacht haben, im Durchschnitt sind sie um etwa 60 Prozent gestiegen. Wir hatten diesen Sommer Gemüsepreise, die wir sonst nicht mal ansatzweise im Winter haben. Wir können nicht anders, als diese Kosten weiterzugeben. Sie sind anteilig niedriger weitergegeben worden, als wir es eigentlich hätten tun müssen, wenn wir mit dem gleichen Maßstab wie vorher rechnen würden. Wir haben auch das Delta zwischen Gästen, Mitarbeitenden und Studierendenpreisen erhöht.
Wir merken aber auch, dass der Anteil des Schnellen Tellers im Vergleich zu den anderen Essen deutlich gestiegen ist. Viele sind jetzt auf so ein günstiges Angebot angewiesen.
Ist Fleisch nicht eigentlich teurer im Einkauf und müsste sich das nicht im Preis widerspiegeln?
Fleisch, das ist das komische, ist tatsächlich nicht teurer. Die Molkereiprodukte und die vegetarisch/veganen Produkte sind in vielen Belangen deutlich teurer. Wir haben beim Fleisch auch die Qualität erhöht und die Menge reduziert, um den Preis in dem Gericht abzubilden. Früher gab es bei Linsen mit Spätzle ein Pärchen Wienerle à 100 Gramm, heute gibt es nur noch ein 70 Gramm Wienerle.
Vor Corona gab es die Abendmensa. Warum gibt es diese nicht mehr?
Die Abendmensa wurde ursprünglich wegen Corona eingestellt. Die Coronamaßnahmen dauerten ja noch bis Anfang des Jahres 2022 an. Da war die Mensa zwar schon wieder offen, aber mit Einschränkungen. Im Sommer war für uns nicht klar, wie es weitergehen wird und im Herbst kam dann die Energiekrise hinzu. Wir haben die Vorgabe vom Land, 20 bis 25 Prozent Energie einzusparen. Das schaffen wir, wenn wir die Abendmensa weglassen.
Das Gebäude wird nicht geheizt und beleuchtet und die Küche nicht in Betrieb genommen. Der Preis für die Studierenden ist: Nimm dir mittags eine Glasbox und ein zweites Essen für abends mit. In unseren Köpfen ist die Abendmensa jedoch nicht gestrichen, irgendwann wird es sie wieder geben!