Hallo Herr Leithold, Sie sind seit Juli dieses Jahres im Ruhestand. Sie waren Leiter des Medienzentrums und auch stellvertretender Direktor der UB. Was vermissen Sie an der UB am meisten?
An der UB vermisse ich wahnsinnig viele nette Leute. Die Studierenden und natürlich auch meine Mitarbeitenden. Denn wir haben viele Jahre zusammengearbeitet. Natürlich gab es in den 23 Jahren, seitdem es das Medienzentrum gibt, auch viele personelle Wechsel, aber ein Mitarbeiter ist beispielsweise schon seit 21 Jahren dabei und andere seit 20 Jahren. Da kennt man sich und ist auch gut befreundet, hat viel zusammengearbeitet und auch gemeinsam tolle Projekte gemacht.
Ich vermisse natürlich auch die spannenden Themen, Medien- und Filmprojekte, die es immer wieder im Medienzentrum gibt. Gerade mache ich noch einen Film mit zwei Kollegen zum 100-jährigen Bestehen eines Sportvereins, bei dem wir alle angebotenen Sportarten dokumentieren.
Und ich unterrichte ja weiterhin noch am Institut für Medienkulturwissenschaft als Honorarprofessor. Nächstes Semester gebe ich dort ein Seminar zur Geschichte, Ästhetik und Praxis des Dokumentarfilms. Und ich lehre auch weiterhin beim IES Abroad Freiburg. Das ist eine amerikanische Einrichtung, an der ich schon seit einigen Jahren zum Thema Filmgeschichte und -praxis unterrichte.
Sie haben das Medienzentrum aufgebaut, zu dem auch uniCROSS gehört. Was haben Sie denn sonst noch an der Uni Freiburg gemacht?
Nach meinem Studium der Germanistik und Slavistik mit Schwerpunkt Russistik und Polonistik habe ich promoviert und anschließend ein zweijähriges Bibliotheks-Referendariat gemacht, für den höheren Bibliotheksdienst. Dann habe ich erstmal als Fachreferent für Germanistik und Slawistik gearbeitet. Später kam noch die Medienwissenschaft dazu. Das hieß damals Film-Theater-Tanz.
Und dann habe ich angefangen, den Filmbestand der UB aufzubauen. Die UB hat heute eine der größten universitären Sammlungen deutschlandweit mit etwa 35.000 Videos, DVDs, heute sind das natürlich serverbasierte Dateien.
Irgendwann habe ich die Katalog-Abteilung geleitet, eine sehr bibliothekarische Aufgabe, und mich mit den Regelwerken und mit der Digitalisierung der Kataloge auseinandergesetzt. Zusätzlich war ich auch zuständig für den technischen Bereich. Der Bereich war früher noch sehr viel größer, als er es heute ist. Es gab eine eigene Druckerei mit Offsetdruck, Digitaldruck, eine Fotostelle, eine Restaurierungswerkstatt und eine Buchbinderei, die es auch heute noch gibt. Wir haben dort auch Lehrlinge ausgebildet.
Im Jahr 2000 kam das Medienzentrum dazu. Grund dafür war, dass immer mehr Studierende auf uns zukamen und uns mitteilten, dass wir ja ein tolles Archiv mit Videos und DVDs hätten, aber dass man aus den Beständen auch einzelne Filmszenen rausschneiden können muss, um diese in eine Powerpoint einbinden zu können.
Wir haben überlegt, wie wir das am besten machen könnten und gemerkt, das geht eigentlich nur, wenn wir einen Videoschnittplatz einrichten und zur Verfügung stellen. Wir haben dann aber sehr schnell festgestellt, dass sich die Schnitt-Software nicht von selbst erklärt, sondern wir auch Videoschnittkurse anbieten müssten. Dann kamen die nächsten, die gesagt haben, es gibt jetzt einen Videoschnittplatz, habt ihr nicht auch eine Kamera. Und so haben wir uns eine Kamera zugelegt, Ton- und Lichttechnik.
Das war die Geburt des Medienzentrums. Sowas hatte die Uni noch nicht. Uns war von Anfang an wichtig, dass wir neben der Technik und den Räumlichkeiten, die wir bieten, auch die Medienkompetenz fördern. Und das ist eben das, was wir heute auch bei uniCROSS tun.
Wir haben immer im Blick gehabt, die Studierenden über die praktische Medienarbeit zu sensibilisieren, Medien kritisch zu analysieren. Man kann Medien nur kritisch beurteilen und analysieren, wenn man selber in dem Bereich praktische Erfahrungen machen konnte. Wer mit der Kamera gearbeitet oder sogar selber geschnitten hat, der guckt Filme ganz anders an.
Ich finde, so etwas gehört schon in die Schulen. Sehen und hören zu lernen ist genauso wichtig wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Junge Menschen sind jeden Tag einer Flut von Informationen ausgesetzt und gar nicht mehr in der Lage einzuordnen, was richtig und was fake ist. Diese Medienkompetenz zu erlangen, ist ein ganz wichtiges Ziel bei der Gründung des Medienzentrums gewesen.
Gibt es etwas während Ihrer Zeit an der Uni, worauf Sie besonders stolz sind?
Auf das Medienzentrum natürlich. Ich habe damals mit einem Mitarbeiter angefangen und jetzt sind es 19. Und ich bin sehr froh, dass nun alle in festen Arbeitsverhältnissen sind. Das ist heutzutage ja nicht einfach, gerade an einer Universität nicht. Ich bin natürlich auch froh und stolz, dass wir die Möglichkeit hatten, durch den Neubau der UB das Medienzentrum auch räumlich mit seinen
Video-, den beiden Radio-Studios, den Redaktionsräumen und dem Medienservice zu planen.
Das war eine riesige Chance, denn wir waren vorher ja im Altbau untergebracht und dort über drei Stockwerke verteilt. Wir hatten beispielsweise im fünften Stock die Schnitt-Plätze und die waren am Rand des Lesesaals. Da gab es ständig Beschwerden, weil das zu laut war.
Auch dass wir heute ein einheitliches Audio-Netz über alle Räume haben, man schnell im Video-Studio ist, und dort, wenn das Video-Studio nicht belegt ist, auch Tonaufnahmen machen und schneiden kann, ist toll.
Die Planung des Radiostudios war eine Herausforderung. Ich habe noch nie ein Radiostudio geplant und wir wussten bis zum Schluss nicht, ob das Glasfasernetz zum Rechenzentrum, über den Sendemast und wieder ins Radiostudio zurück wirklich schnell genug sein wird.
Ein Medienzentrum baut man nicht alleine auf, das war immer Teamarbeit. Allein schafft man so etwas nicht. Man braucht gute und motivierte Mitarbeiter*innen, die das technische Know-how haben. Und die, die gestalterisch gut sind. Es geht ja nicht nur um Technik. Letztlich war es für mich ein Geschenk, das alles mit meinen Kolleg*innen zusammen aufbauen zu dürfen. Das gilt auch für die Redaktionsleiter*innen von uniCROSS.
Wir haben auch viele Medienproduktionen erstellt. Die letzte größere, bei der ich dabei war, war der Film über den Neubau der UB, der im Netz zu finden ist. Für den 15-minütigen Film habe ich über acht Jahre immer wieder gefilmt.
Viel beachtet war auch ein Film zum Jubiläum der Universität, zur 550-Jahr-Feier, den wir als Stummfilm konzipiert haben. Der wurde bei der Premiere mit einem philharmonischen Orchester mit fast 40 Musikern aufgeführt.
Bei den ersten Überlegungen zu einem Filmprojekt fragt man sich natürlich immer, ob das alles so funktionieren kann. Dann beginnt man visuelle Vorstellungen zu entwickeln, ändert immer wieder beim Schnitt die Bildfolgen, variiert das Tempo. Und wenn der Film dann läuft und die Leute zufrieden sind und ihn gerne gucken, dann ist das natürlich eine große Bestätigung.
Wenn Sie bei uniCROSS mitarbeiten würden, in welchem Bereich wäre das? Bei TV, Online oder Radio?
Ich würde gerne alles machen – uniCROSS bedeutet ja crossmedial. Im Bereich TV habe ich schon vieles gemacht: 2004 habe ich uniTV gegründet, dann ging es weiter mit HD Campus TV. Zwölf Jahre lang haben wir hier die Landesredaktion Hochschul-Fernsehen betrieben. Ich hätte jetzt aber große Lust, auch mal im Radio mitzuarbeiten. Ein Sprechtraining hätte ich zum Beispiel gerne noch mitgemacht.
uniONLINE ist natürlich auch eine spannende Redaktion. Zwischen meinem Magister-Examen und der Promotion habe ich für die Badische Zeitung Buchbesprechungen aus dem Bereich der slawischen Literatur geschrieben und auch mal die eine oder andere Fernsehsendung besprochen. Da habe ich schon sehr viel gelernt. Auch weil der zuständige Kulturredakteur forderte „Vergiss alles, was du an der Uni an Wissenschaftssprache gelernt hast. Die Sprache hier ist eine ganz andere Textsorte als das, was ihr an der Uni macht.“ Fazit: Ich würde bei uniCROSS gerne in allen Redaktionen mitmachen und crossmedial arbeiten.
Wenn Sie heute noch mal studieren würden, was würden Sie anders machen?
Ich würde heute vielleicht tatsächlich versuchen, an der Filmakademie zu studieren, weil ich das sehr spannend finde. Gleichzeitig finde ich aber auch Naturwissenschaften und Medizin sehr interessant, das könnte ich mir auch gut vorstellen. Ich bereue es aber nicht, dass ich Slavistik und Germanistik studiert habe. Klar ist es heute durch den Ukraine-Krieg ein bisschen schwierig, gerade was meine Affinität zur Russistik betrifft. Auch wenn ich das, was Rußland in der Ukraine anrichtet, aufs Schärfste verurteile, muss ich immer wieder betonen, dass Puschkin nicht Putin ist. Die klassische russische Literatur darf man mit den Kriegsverbrechen der Putin-Diktatur nicht in Verbindung bringen.
Was war denn die allererste Sache, die Sie gemacht haben, als Sie im Ruhestand waren?
Das ging übergangslos damit weiter, dass ich bei mir im Haus eine Photovoltaikanlage installiert bekommen habe. Da habe ich natürlich auch mitgeholfen, hatte also ständig was zu tun.
Aktuell läuft noch das Filmprojekt für den Sport-Film, an dem ich mitarbeite und der 14 Sportarten dokumentiert. Das heißt, ich habe 14 Drehtermine, zu denen noch die Postproduktion dazukommt. Die ersten zehn Sportarten haben wir jetzt schon gefilmt, was Riesenspaß gemacht hat, weil das wirklich tolle Einblicke ermöglicht.
Außerdem ist gerade Marmeladen-Zeit. Ich koche leidenschaftlich gerne Marmelade, das habe ich bei meiner alten Russisch-Lehrerin, der Mutter der bedeutenden Übersetzerin Swetlana Geier, gelernt. Bei ihr hatte ich während meines Slavistik-Studiums fast zehn Jahre lang jeden Dienstag morgen eine Stunde Russisch-Unterricht. Ich habe immer frische Brötchen mitgebracht und es gab dazu ihre selbstgemachte Marmelade. Gestern habe ich zum Beispiel Stachelbeermarmelade aus eigenen Stachelbeeren gemacht. Und im Anschluss an unser Interview gehe ich gleich auf den Markt und schau mal, ob es Aprikosen aus der Regio gibt.
Außerdem plane ich natürlich mein nächstes Semester und muss mich dafür vorbereiten. Mir ist also nicht langweilig.