Laute, wütende oder emotionale Frauen werden gern als hysterisch abgestempelt, Männern passiert das eher selten. Das ist kein Zufall, sondern die logische Folge der Verwendung eines von Beginn an sexistischen Begriffs.
Das Wort Hysterie stammt aus dem Altgriechischen „ὑστέρα hystéra“, was auf deutsch „Gebärmutter“ bedeutet. Die Vorstellung der Hysterie als Krankheitsbild taucht bereits in der Antike auf. Es hieß, ihr Auslöser sei das Umherwandern der Gebärmutter, wenn eine Frau sich ihrer angeblichen Bestimmung verweigere – ständig schwanger zu sein.
Als Symptome der Hysterie galten extreme Stimmungsschwankungen und Gefühlsausbrüche, Zuckungen oder Ohnmachtsanfälle, gegen welche Frauen unter anderem Masturbation unter ärztlicher Aufsicht verschrieben wurde (zu diesem Zweck wurde der Vibrator erfunden). Prägend in der Begriffs- und Medizingeschichte der Hysterie war der Psychoanalytiker Freud, der davon überzeugt war, dass es sich bei den Symptomen um psychische Beschwerden und Neurosen handelte, die sich lediglich körperlich zeigten.
Obwohl Hysterieforscher*innen zugaben, dass Hysterie keine ausschließlich weibliche Krankheit war, wurde sie bei Frauen sehr viel häufiger diagnostiziert. Dass es ein geschlechtsspezifisches Phänomen war, zeigt sich auch darin, dass einige Erscheinungsformen der Hysterie als Kampf gegen die männliche Übermacht gedeutet wurden.
Heute wird der Begriff der Hysterie als Krankheit nicht mehr verwendet, weil er durch die eindeutig weibliche Konnotierung als diskriminierend angesehen wird. Im alltäglichen Sprachgebrauch hat er sich allerdings gehalten. Er kann als ein Überbleibsel der immer noch bestehenden strukturellen Unterdrückung von Frauen verstanden werden und erfüllt sogar eine Funktion bei der Aufrechterhaltung dieser. Denn wenn Frauen als unzurechnungsfähig und irrational dargestellt werden, ist es für Männer einfacher, sich als die wahrhaft Vernünftigen zu inszenieren und damit ihre Macht zu legitimieren.