Im Jahr 2023 verzeichnete das Bundeskriminalamt 28.945 rechtsmotivierte politische Straftaten. 2024 ist die Zahl um mindestens 17 Prozent gestiegen. Melanie, Loredana und Priska haben am Workshop „Haltung zeigen – Gesprächsstrategien gegen Rechts“ vom Bündnis Freiburg gegen Rechts teilgenommen. Vera, eine der Workshopleiter*innen, erklärt, was rechte Argumentationsmuster kennzeichnet und was jede*r Einzelne dagegen tun kann.
Freiburg gegen Rechts ist ein zivilgesellschaftliches Bündnis aus verschiedenen Gruppierungen (Gewerkschaften, Jugendorganisationen von Parteien, antifaschistische Organisationen u.a.) und Einzelpersonen, die sich gemeinsam gegen rechtes Gedankengut in Freiburg einsetzen.
Das Bündnis wurde gegründet, um dem Engagement gegen Rechts in Freiburg eine feste und verlässliche Struktur zu geben. Neben Protesten gegen die AfD und andere rechte Akteur*innen organisiert Freiburg gegen Rechts regelmäßig Workshops zu Gesprächsstrategien gegen rechte Stammtischparolen und ist mit Infoständen in den Freiburger Stadtvierteln präsent.
Mehr Infos zu Freiburg gegen Rechts.
Den Workshop „Haltung zeigen! – Gesprächsstrategien gegen Rechts“ führt Freiburg gegen Rechts in Kooperation mit Aufstehen gegen Rassismus durch. Aufstehen gegen Rassismus ist ein bundesweites Bündnis, das im Frühjahr 2016 gegründet wurde, um der zunehmenden Verbreitung rassistischer und rechtspopulistischer Tendenzen in der Gesellschaft entgegenwirken möchte. Hierfür hat Aufstehen gegen Rassismus unter anderem die sogenannten Stammtischkämpfer*innen-Seminare ins Leben gerufen. Ziel dieser Seminare ist es, die Teilnehmer*innen auf rechte Argumentationsmuster aufmerksam zu machen und sie dazu zu befähigen, in ihrem privaten und beruflichen Umfeld gegen rassistische, rechte oder fremdenfeindliche Äußerungen und Ideologien aktiv zu werden.
Aufbau und Inhalt des „Haltung zeigen!“-Workshops orientieren sich an den Stammtischkämpfer*innen-Seminaren. Der Workshop dauert vier Stunden. Meist nehmen zwischen 15 und 25 Personen teil. Geleitet wird er ehrenamtlich von sogenannten Teamer*innen. Neben kurzen theoretischen Inputs gibt es im Workshop viel Raum für Austausch und praktische Übungen, in denen das erworbene Wissen direkt angewandt wird.
Wer teilnehmen oder einen Workshop anfragen möchte, kann sich direkt per Mail an Freiburg gegen Rechts wenden.
Info: Für die Teilnehmenden ist der Workshop kostenlos. Organisationen oder Einzelpersonen, die einen Workshop anfragen, zahlen in der Regel einen Seminarbeitrag an Aufstehen gegen Rassismus. Dieser ist solidarisch finanziert und kann an die finanziellen Möglichkeiten der anfragenden Person/Gruppe angepasst werden.
Wichtig! Der „Haltung zeigen!“-Workshop richtet sich nicht explizit an von Rassismus betroffene Menschen/an Personen mit Rassismus-Erfahrungen. Wer selbst von Rassismus betroffen ist, kann sich zum Beispiel an folgende Stellen wenden:
- Antidiskriminierungsreferat des StuRa Freiburg
- protect. Schutz vor Diskriminierung und Machtmissbrauch – Universität Freiburg
- Beratung bei Diskriminierungserfahrung von profamilia Freiburg
- Antidiskriminierungsbüro Freiburg – Netzwerk für Gleichbehandlung Freiburg
- Demokratiezentrum Baden-Württemberg
- Zebra
- Sozialdienst muslimischer Frauen e.V.
- OFEK e.V. BaWü (antisemitische Vorfälle)
- Nachfragen und hinterfragen
„Was meinst du damit?“ oder „Denkst du wirklich, dass über 60 Millionen Menschen aus Spaß flüchten?“ - Perspektivwechsel anregen und Empathie einfordern
„Wie würdest du dich fühlen, wenn so über dich gesprochen würde?“ - Daten und Fakten einfordern
„Kannst du mir deine Quelle nennen?“ oder „Wo finde ich den Artikel, den du angesprochen hast?“ - Konkrete Beispiele einfordern (eigene Beispiele bringen)
„Wem (wo, wann) ist das genau passiert?“ oder „Da habe ich ganz andere Erfahrungen gemacht.“ - Auf einem Thema bestehen
„Ich schlage vor, wir reden zuerst über…“ - Zuspitzen und Konsequenzen des Gesagten aufzeigen
„Wenn ich das, was du sagst, zu Ende denke, würde das bedeuten, dass…“ - Relativierungen hinterfragen und illustrieren
„Ich bin ja nicht homophob, aber….“ – „Hast du nun was gegen Homosexuelle oder nicht?“ - Positive Leitbegriffe, Werte und Visionen einbringen
„Ich wünsche mir auch keine Zwei-Klassen-Medizin und ausreichend Personal mit genügend Zeit für die Patient*innen.“ - Mit Humor agieren (wenn es die Situation hergibt)
Rassismus sollte nicht verharmlost werden, trotzdem kann eine ironische Antwort manchmal die Lächerlichkeit einer Parole enttarnen. Wenn du mit Statistiken und Zahlen befeuert wirst, kannst du z.B. eine Nonsens-Statistik erfinden („Und 40 Prozent aller Menschen erzählen rassistischen Müll.“)
Weiterführende Links und Lesetipps findest du auf der Website Aufstehen gegen Rassismus.
Wer Zeug*in rechter Hetze im Internet wird, sollte diese grundsätzlich mit Screenshot, Link, Datum und Uhrzeit bei der jeweiligen Plattform und/oder einer zentralen Meldestelle wie REspect! melden.
In bestimmten Fällen lohnt sich auch die Gegenrede. Insbesondere, wenn ein rechter Beitrag oder Kommentar eine große Reichweite hat, sollte er auch im Netz nicht unwidersprochen bleiben. Wird der eigene Account oder Beitrag von rechten Kommentaren geflutet, kann eine konzertierte Gegenaktion sinnvoll sein. Hier verabredet man sich mit Gleichgesinnten und schreibt gemeinsam gegen die rechten Kommentare an. Wichtig ist dabei jedoch, sich nicht auf Diskussionen mit Trollen einzulassen, da dies in der Regel nur viel Zeit und Energie kostet und nirgendwo hinführt.
Auf Äußerungen mit wenig Reichweite – wenn also ein Beitrag wenige Likes und Kommentare hat und kaum geteilt wurde – sollte man hingegen nicht reagieren, da hier die Gefahr besteht, dass diese Interaktion ihnen zu mehr Reichweite verhilft.
Wer Interesse hat, kann sich zu kostenlosen Teamer*innen-Fortbildung von Aufstehen gegen Rassismus anmelden.
Nach der Teilnahme an der Fortbildung hospitiert man ein- bis zweimal in einem „Haltung zeigen!“-Workshop anderer Teamer*innen in Freiburg, bevor man gemeinsam mit einer weiteren Person einen eigenen Workshop leitet.