Hallo Jana, hallo Laura. Ihr arbeitet beide am Institut für Rechtsmedizin in der Abteilung Forensische Molekularbiologie und beschäftigt euch mit DNA-Spuren, um Personen, Tiere oder biologische Materialien zu identifizieren. Wie sieht eure Arbeit aus?

Jana: Wir haben hier verschiedenste Arbeitsbereiche. Zum einen sind wir sozusagen eine Art Dienstleister, wir führen zum Beispiel Abstammungsgutachten durch. Das klassische wäre hier der Vaterschaftstest. Wir analysieren aber auch DNA-Spuren, die wir von der Polizei erhalten. Für die Polizei führen wir auch Identifizierungen unbekannter Leichname durch, indem wir DNA-Abgleiche machen.
Neben dieser Fallarbeit sind wir auch in der Forschung tätig. Mein Schwerpunkt ist zum Beispiel die Forensische Epigenetik. In dem Rahmen habe ich unter anderem ein Forschungsprojekt zur Unterscheidung von Körperflüssigkeiten gestartet.
Laura: Ich bin Promotionsstudentin bei diesem Projekt und mache größtenteils Forschung, das bedeutet, ich arbeite an meinem Promotionsprojekt. Ich arbeite aber auch an Kooperationsprojekten und mache nur einen ganz kleinen Teil Fallarbeit. Besonders mag ich die Mischung aus Laborarbeit und Datenauswertung.
Jana, du hast die Forensische Epigenetik als Forschungsschwerpunkt genannt. Um was geht es da genau?
Jana: Bei Forensischer Epigenetik geht es darum, dass wir in der Vergangenheit in den Spuren vom Tatort vor allem die DNA-Sequenz angeschaut haben, also die Basenabfolge. Diese beinhaltet das individualisierende DNA-Muster. Aber eigentlich bietet unsere DNA viel mehr Informationen als diese Basenabfolge.
Deswegen schauen wir auf die chemischen Veränderungen, die an einer bestimmten Base, am Cytosin, vorhanden sind. Daran können wir andere Inhalte ablesen, die man ursprünglich nicht analysiert hat. Hier kommen verschiedene Bereiche zusammen, wie beispielsweise die Studie zur Körperflüssigkeiten-Unterscheidung.
Daneben gibt es eine zweite Studie zur Altersschätzung. Hier möchten wir anhand der DNA-Methylierung, also der chemischen Veränderung, einschätzen, wie alt die Person ist, die eine Spur verursacht hat, also deren DNA gefunden wurde.
Mit welcher Fragestellung beschäftigt ihr euch in der erwähnten Studie zur Unterscheidung von Körperflüssigkeiten, in der du Laura, promovierst?
Laura: Ich beschäftige mich mit der Fragestellung, ob und wie man Körperflüssigkeiten voneinander unterscheiden kann und ob man Körperflüssigkeiten auch Personen zuordnen kann. Das ist eine wichtige Fragestellung, wenn man eine Spurenmischung von zwei oder mehr Personen hat.
Die klassische Analyse kann diese Personen zwar identifizieren und es gibt auch Möglichkeiten, die Körperflüssigkeiten zu analysieren. Aber in meiner Promotion geht es speziell darum zuzuordnen, wer welche Körperflüssigkeit beigetragen hat. So wäre es zum Beispiel wichtig, in einer Mischung von Blut und Sperma zu klären, wer das Sperma beigetragen hat. Da Körperflüssigkeiten aus unterschiedlichen Zelltypen bestehen, können wir dann versuchen, diese voneinander zu unterscheiden.
Jana: Weil das mit den Mischungen von Körperflüssigkeiten so eine häufige Fragestellung ist, hat sich das Forschungsprojekt entwickelt. Das ist bei uns typisch, dass man eine Anwendungsfrage in der Fallarbeit hat und dann versucht, diese in der Forschung zu klären. Wir versuchen Vorgänge zu optimieren und neue Methoden zur Lösung einer Problematik zu entwickeln. Man gelangt dabei schnell in die Grundlagenforschung, was ich eigentlich am spannendsten finde.
Laura: Ich finde das auch am spannendsten, dass man nicht einfach ins Blaue forscht, sondern ein spezifisches Problem hat, welches man lösen möchte. Die Hoffnung ist dabei natürlich, dass diese Lösung dann später auch in der Routine angewendet wird.
Was bedeutet Routine in diesem Kontext?
Jana: Die Routine ist bei uns immer die Fallarbeit. Das heißt, wir bekommen Spuren von der Polizei, die von irgendwelchen Delikten stammen. Die müssen dann untersucht und das DNA-Muster einer Person im besten Fall erstellt werden. Das Ergebnis bekommt dann die Polizei, also wir selbst ermitteln nicht. Die Fallarbeit ist bei uns reine DNA-Analytik.
Das wird bei uns als Routine bezeichnet und ist abgegrenzt von der Forschung. Wir sind akkreditiert, das bedeutet, es ist alles validiert nach Qualitätsmerkmalen und die Arbeitsschritte sind normiert. Die Routine läuft nach strikten Standardverfahren ab. Im Gegensatz zur Forschung, die ja klassischerweise vom Ausprobieren neuer Methoden lebt.
In der Routine oder Fallarbeit bekommt ihr also eure DNA-Proben von der Polizei. Woher bekommt ihr die DNA-Proben zum Forschen?
Jana: Im besten Fall von freiwilligen Menschen, die an unseren Studien teilnehmen. Um darauf aufmerksam zu machen, haben wir Flyer und Aushänge im Institut gemacht.
Laura: Wir nutzen auch das Intranet des Uniklinikums und Mundpropaganda, um auf uns aufmerksam zu machen. Tatsächlich haben wir dadurch schon recht viele Teilnehmer*innen gewonnen. Aber es gibt natürlich Körperflüssigkeiten, die weniger häufig gespendet werden als beispielsweise Blut.
So sind Sperma, Vaginalsekret und Menstrualblut alles Körperflüssigkeiten, die nicht jede*r spenden kann und verständlicherweise auch nicht jede*r spenden möchte. Dazu kommt, dass manche Körperflüssigkeiten wie eben Menstrualblut, nur in bestimmten Zeiträumen gespendet werden können. Mit gewissen Verhütungsmethoden gibt es auch gar keine Menstrual- oder Abbruchblutung. Deshalb können wir mit manchen Körperflüssigkeiten weniger forschen, auch wenn diese forensisch sehr relevant sind.
Jana: Das ist ein Problem. Denn wenn unser Modell nur für Blut erprobt ist, ist es beispielsweise problematisch, wenn es am Tatort eine Spermaspur gibt. Momentan haben wir ein etabliertes Blutmodell und forschen deshalb auch daran, die Ergebnisse breiter nutzbar zu machen.
Ihr sucht immer Proband*innen, die Körperflüssigkeiten für eure Forschung spenden. Wie kann man spenden?
Laura: Wer Interesse daran hat, bei der Studie als Proband*in mitzumachen, kann mit uns zum Beispiel über E-Mail persönlich Kontakt aufnehmen. Die Teilnehmer*innen bekommen von uns alle Infos zum Ablauf der Studie, ob es Risiken gibt, was man beachten muss, Informationen zu den durchgeführten Laboranalysen und zum Schutz der eigenen Daten. Besonders über Letzteres ist es wichtig aufzuklären, da bei DNA viele Menschen zunächst Bedenken haben, weil sie nicht genau wissen was erforscht wird und was mit den Ergebnissen geschieht.
Jana: Deswegen hat auch jede*r Teilnehmer*in während der Studie weiterhin immer die Möglichkeit auch telefonisch oder vor Ort Kontakt mit uns aufzunehmen, um solche Fragen zu klären.
Laura: Wenn man sich entscheidet zu spenden, bekommt man von uns ein Kit zur Entnahme zugeschickt. Das ist eine kleine Box mit frankiertem Karton zur Rücksende und einer Anleitung, die erklärt, wie man welche Körperflüssigkeit entnimmt. Die Proben werden also von den Proband*innen selbst Zuhause entnommen und dann an uns geschickt. Das ist praktisch, da Menschen so deutschlandweit teilnehmen können und uns dabei helfen, in der Forschung weiter zu kommen.