Hallo Franka, hallo Frankie. Es kleben überall in der Stadt Sticker mit der Aufforderung, sich umzumelden. Ihr seid die Personen, die sich das ausgedacht haben. Worum geht es denn dabei?
Franka: Wir haben uns damit beschäftigt, welchen Stellenwert das Thema Klima bei der nächsten Kommunalwahl einnehmen wird. Proteste durch Fridays for future und andere Klimagerechtigkeitsbewegungen bekommen gerade durch Themen wie Corona oder Demos gegen Rechts weniger Aufmerksamkeit.
Wir haben überlegt, wie wir Klimaschutz in Freiburg wieder zum Thema machen können. Bei der Kommunalwahl haben junge Menschen einen großen Einfluss, weil sie progressiver sind und tendenziell eher für Klima- oder Generationengerechtigkeit wählen.
Ein Drittel der Leute, die bei dieser Kommunalwahl in Freiburg wählen, haben vorher noch nie in Freiburg gewählt, sie sind zugezogen oder jetzt erst stimmberechtigt. Für unser Bündnis „Freiburg kommunal klimagerecht“ war schnell klar, dass wir darauf einen Fokus setzen und eine Ummeldekampagne machen wollen. Diese soll dazu beitragen, dass Leute verstehen, dass die Kommunalwahl wichtig ist und das Thema Klima wieder mehr ins Gedächtnis geholt wird.
Ihr habt gerade schon erwähnt, dass ihr euch in dem Bündnis „Freiburg Kommunal Klimagerecht“ die Ummeldekampagne ausgedacht habt. Was steckt hinter dem Bündnis?
Frankie: „Freiburg kommunal klimagerecht“ hat sich aus unterschiedlichen Klimagerechtigkeitsgruppen zusammengeschlossen. Es ist also nicht explizit eine Organisation, sondern ein Bündnis, das Forderungen für die Kommunalwahl erstellt hat, auf die in den nächsten Wochen und Monaten auf unterschiedlicher Weise hingewiesen wird. Zum Beispiel werden Politiker*innen gefragt, wie sie die Forderungen umsetzen wollen oder wie sie zu diesen stehen. Die Forderungen werden von allen Bündnispartnern unterstützt.
Aus welchen Gruppen seid ihr zu dem Bündnis gekommen?
Franka: Ich bin vor allem bei der Grünen Jugend aktiv, aber jetzt auch Teil des Bündnisses. Ich beschäftige mich einfach gerne mit dem Thema Klimagerechtigkeit, sehr unabhängig von Parteipolitik.
Frankie: In dem Bündnis ist alles sehr losgelöst von den ursprünglichen Gruppen. Ich bin bei den Students for future und beim Solarcamp sehr aktiv und in anderen Gruppen, die nicht explizit etwas mit dem Bündnis zu tun haben.
Es gibt schon sehr viele Bündnisse, gerade auch im Klimabereich hier in Freiburg. Warum braucht es noch ein Bündnis, dass sich explizit mit der Kommunalwahl auseinandersetzt?
Franka: Unser Bündnis ist noch breiter aufgestellt als andere kommunale Bündnisse, die auf einzelne Themen beschränkt sind wie zum Beispiel zum Dietenbachwald. Außerdem sind bei uns sowohl die jungen klimapolitischen Gruppen dabei als auch die eingesessenen Leute wie der BUND. Es ist also ein Zusammenschluss und es können alle aktiv sein, egal aus welcher Gruppe sie kommen.
Frankie: Der Unterschied ist auch, dass viele Bündnisse in der Klimagerechtigkeitsbewegung vor allem auf der Bundesebene aktiv sind. Aber auf kommunaler Ebene gibt es diese Bündnisse nur selten. Die Forderungen müssen hier viel konkreter und spezifischer sein. Man kann bestimmte Dinge eben nur auf kommunaler Ebene angehen und bestimmte Dinge müssen auf Bundesebene angegangen werden. Das bedeutet: Kommunalpolitik ist eine andere Stellschraube als die Bundespolitik.
Ihr habt auch eine Website, auf der ihr alle Bündnispartner*innen auflistet und die Forderungen des Bündnisses nochmal konkret darstellt. Das Ummelden steht dort nicht als Ziel oder Forderung dabei. Warum fandet ihr das trotzdem so wichtig, dass ihr beschlossen habt, dazu eine eigene Kampagne zu machen?
Frankie: Ummelden ist nicht ein Ziel für die Kommunalpolitik, deswegen ist es auch keine konkrete Forderung. Es geht eher darum, dass viele junge Menschen bei der nächsten Wahl eigentlich ein großes Mitspracherecht hätten. Viele wohnen jetzt schon in Freiburg, haben sich aber noch nicht umgemeldet und dürfen deswegen nicht wählen.
Wir als Bündnis hatten das Gefühl, Freiburg gibt sich zwar sehr klimagerecht, aber das wird auf der politischen Ebene nicht ganz widergespiegelt. Um sagen zu können: „Hey, wir sind eigentlich eine progressive Stadt und wir wollen uns auch für Klimagerechtigkeit im Lokalen einsetzen“ wollen wir so Leute dazu auffordern, sich umzumelden und dann wählen zu gehen.
Warum muss man sich ummelden, um wählen zu dürfen?
Franka: Wenn du bei einer Wahl mitwählen möchtest, musst du in Deutschland drei Monate davor an einem Ort gemeldet sein. Wenn du zum Beispiel schon länger in Freiburg wohnst und dich dann an eine andere Adresse in Freiburg ummeldest, dann ist es egal, ob das erst zwei Monate vor der Wahl stattfindet. Aber wenn du von außerhalb nach Freiburg zugezogen bist, geht es darum, dass du nur mitwählen kannst, wenn du dich rechtzeitig ummeldest.
Für die Kommunal- und Europawahl am 9. Juni ist der Stichtag der 9. März. Wir wollen mit der Kampagne vermeiden, dass Leute motiviert sind, dass sie mitentscheiden dürfen und dann enttäuscht sind, weil sie merken, dass sie sich zwar einen Monat vor der Wahl ummelden, aber dann trotzdem nicht mitwählen dürfen.
Es geht uns nicht darum, dass Leute, die noch in ihren Heimatgemeinden verwurzelt sind und dort ihren Lebensmittelpunkt haben, sich ummelden, nur um in Freiburg zu wählen. Wir möchten, dass Leute, die hier wohnen und hier mitwählen wollen, die Chance dazu bekommen.
Warum ist die Kommunalwahl so wichtig?
Franka: Neben der Kommunalwahl ist auch noch Europawahl am gleichen Tag und da darfst du auch nur hier wählen, wenn du hier gemeldet bist. Und ich denke, dass es auch oft ein Trugschluss ist, dass auf europäischer oder auf bundespolitischer Ebene alle Entscheidungen getroffen werden. Die Kommunen bekommen vom Land oder vom Bund ganz viele Umsetzungsaufgaben, bei denen die Stadt sehr viel Spielraum hat. Zum Beispiel wieviel Solar jetzt aufs Dach gebaut wird oder wie die Verkehrswende vor Ort gestalten werden könnte. Wir haben einfach festgestellt, dass auch Kommunalpolitik bei dem Thema Klimaschutz sehr wichtig ist.
Frankie: Kommunen können auch zu einem gewissen Grad Druck auf Landes- und Bundesebene ausüben. Ich denke da zum Beispiel an Tempolimit-Entscheidungen.
Das zeigt, dass man auch auf kommunaler Ebene etwas ändern kann.
Ihr arbeitet bei der Ummeldekampagne vor allem mit Stickern, auf denen verschiedene Memes zu sehen sind. Das ist eine eher ungewöhnliche Art für eine politische Kampagne. Warum habt ihr euch für die Memes entschieden?
Franka: Frankie und ich saßen im Strandcafé, haben Kaffee getrunken und dann hatten wir diese Idee die Kampagne mit Memes zu machen. Wir dachten, es muss irgendwas sein, was im Kopf bleibt. Die Sticker sind alle unterschiedlich, aber sie haben ein sehr ähnliches Design – meistens ist nur das Meme anders. Ich glaube, dass viele junge Leute durch Memes abgeholt werden. Das sieht man auch daran, was andere Klimagruppen auf Social Media machen.
Frankie: Es ist einfach witzig und es soll ja auch ansprechend sein. Ich glaube, es muss in der Politik nicht immer alles so ernst sein. Satire ist zu einem gewissen Grad auch ein politisches Mittel. Ich finde Politik, in unserem Fall unsere Ummeldekampagne, kann auch mit Memes arbeiten und witzig sein.
Was erhofft ihr euch als Reaktion, wenn Leute eure Sticker sehen?
Franka: Ich finde es schön, wenn Leute dann schmunzeln, weil das etwas mit ihnen macht und sie sich vielleicht mehr mit dem Inhalt auseinandersetzen. Und ich hoffe natürlich, dass Leute sich ummelden, wenn sie noch nicht umgemeldet sind und dass sie Lust haben, sich zu beteiligen. Es funktioniert schon ganz gut, dass die Sticker über die ganze Stadt verteilt sind: Man sieht sie auf Social Media, auf Toiletten oder beim Schlange-Stehen in der Mensa.
Frankie: Wenn eine Sache einmal auffällt, dann fällt sie dir irgendwie überall auf. Die Sticker sind vielleicht auch einfach so interessant, nicht nur für Leute, die nicht umgemeldet sind. Es kann auch sein, dass Leute umgemeldet sind, aber sich gar nicht bewusst sind, dass Kommunalwahl ist. Das heißt, es macht gleichzeitig auch Werbung für Menschen, die sagen: Ah – okay, umgemeldet bin ich, aber krass, ich wusste gar nicht, dass dieses Jahr Kommunalwahl ist.