Nicht immer drin, was draufsteht
Nahrungsergänzungsmittel liegen im Trend. Der Inhalt der Präparate weicht oft von den bunten Verpackungsversprechen ab, warnt ein Arzt. Ein Freiburger Shop-Betreiber bemerkt, dass seine Kund*innen immer jünger werden.
In Deutschland greifen zahlreiche junge Menschen zu Nahrungsergänzungsmitteln, sogenannten Supplements. Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) nimmt jede*r Zweite mittlerweile Präparate zu sich. Zwei Drittel der Bevölkerung greift mindestens einmal in der Woche zur Pille. Der Lebensmittelverband Deutschland zählte im Zeitraum 2021 bis 2022 insgesamt 241 Millionen verkaufte Nahrungsergänzungsmittel-Packungen. Die Branche verbuchte damit einen Umsatz von 1,8 Milliarden Euro.
Auch in Freiburg bieten zahlreiche Fitness-Shops diverse Nahrungsergänzungsmittel an. „Freiburg ist eine Studentenstadt und junge Leute wollen heutzutage fit bleiben“, sagt Ulrich Kleisle, Geschäftsleiter des Sporternährung-Fitness-Shop-Freiburg an der Adelhauser Straße. Er bemerke, dass immer mehr Jugendliche bis zu 15 Jahren sein Geschäft besuchen.
Schon häufiger habe Kleisle erlebt, dass diese Altersgruppe in seinen Shop kommt und schädliche Steroide oder Testosteron kaufen möchte. „Finger weg davon, ganz einfach. Wir sind alle Hobbysportler und keine Bodybuilder“, so Kleisle. Gerade unter Anfänger*innen und Hobbysportler*innen herrsche viel Un- und Halbwissen. Kleisle warnt davor, Nahrungsergänzungsmittel ohne Fitnesserfahrung einzunehmen und betont, dass viel nicht immer viel hilft.
Laut Oliver Morath vom Institut für Bewegungs- und Arbeitsmedizin am Freiburger Universitätsklinikum hat sich ein falsches Bild der Ergänzungsmittel verbreitet. Viele versprechen starke Soforteffekte. Schuld daran sei das Marketing hinter den Mittelchen: Packungsaufschriften machten häufig bunte Versprechen und dürfen laut Morath dabei sogar vom eigentlichen Produktinhalt abweichen.
„Wenn tolle Versprechen gemacht werden, ist nicht garantiert, dass auch das drinnen ist, was draufsteht“, sagt Morath. Immer wieder machen Profiathlet*innen verunreinigte Nahrungsergänzungsmittel für positive Doping-Tests verantwortlich. Nicht nur Leistungssportler*innen können davon betroffen sein. „Die Verpackungsaufschrift von Nahrungsergänzungsmitteln darf um 50 Prozent vom Inhalt abweichen. Das ist schon ziemlich viel“, betont Morath.
Und die Mittel seien schnell auf den Markt gebracht. „Man muss nur auf der Homepage des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ein Onlineformular ausfüllen und hochladen“, erklärt Morath. Zu diesem Zeitpunkt werde noch nichts überprüft. Hersteller seien aber bereits berechtigt, ein Produkt auf den Markt zu bringen.
Wie hilfreich ist Kreatin?
Im uniCROSS-Interview gibt Sportmediziner Oliver Morath Einblicke in seine Arbeit und kommentiert das Training des Freiburger Studenten Timon.
Leistungssteigerung und Doping
Da Nahrungsergänzungsmittel durch die Lebensmittelverordnung reguliert werden, seien diese relativ schlecht kontrolliert. Lebensmittel bedürfen keiner Prüfung der Sicherheit anhand klinischer Studien wie etwa bei Arzneimitteln. Außerdem muss laut Morath bei Arzneimitteln genau deklariert werden, was darin ist und wie sie wirken.
Morath empfiehlt Sportler*innen, einen Blick auf die sogenannte Kölner Liste eines dort ansässigen Anti-Doping-Labors zu werfen. Alle Nahrungsergänzungsmittel-Präparate die aufgelistet sind, wurden getestet und weisen keine Verunreinigung nach.
Körperbild und Selbstwertgefühl
Für seine immer jünger werdende Kundschaft macht Shopbesitzer Kleisle die Sozialen Medien verantwortlich. „Jugendliche eifern ihren liebsten Influencern nach“, sagt er. Auf Plattformen wie Instagram und YouTube vergleichen sich Mädchen und Jungs mit anderen und können laut Kleisle ein starkes Bewusstsein für den eigenen Körper entwickeln. Nicht immer sei das auch gesund.
Social Media Trend #WeGoGym
Der Freiburger Student Valentin ist in den Sozialen Medien aktiv und verfolgt verschiedene Fitness-Creator. Im Podcast mit uniCROSS berichtet er von positiven und negativen Auswirkungen.
Eine Gemeinschaftsproduktion von Julia Duldner, Marlene Bär und Helena Ciszewska im Rahmen des Seminars „Einführung in den crossmedialen Journalismus“ für Studierende der Medienkulturwissenschaft. Seminarleitung, Redaktion: Ada Rhode, Andreas Nagel, Philip Thomas.