Wer sich einsam fühlt, wird schneller krank und neigt eher zu Depressionen. Chronische Einsamkeit kann sogar die Lebensdauer verkürzen. Laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung sind vor allem junge Menschen im Alter von 18 bis 29 Jahren von Einsamkeit betroffen.

Lara Schleef studiert Geschichte und Soziologie im 4. Semester an der Uni Freiburg. Von der Gruppe „Girls Picnic“ hat sie über Instagram und einem Beitrag der tagesschau erfahren.

„Girls Picnic“ wurde vor wenigen Monaten von drei Studentinnen in Bremen gestartet, um etwas gegen die Einsamkeit bei jungen Menschen zu tun. Ihre Idee: Picknicks, bei denen sich junge Frauen treffen, um gemeinsam eine schöne Zeit zu haben. Alle drei studieren „Sustainable Business“ im Master und hatten im Rahmen eines Moduls die Aufgabe, ein sozial- oder klimagerechtes Unternehmen aufzubauen. Der Beitrag der tagesschau über ihre Idee machte sie bekannt – über Nacht hatte „Girls Picnic Bremen“ 600 neue Follower*innen auf Instagram.

Lara kontaktierte die Gruppe über Instagram und erfuhr, dass es eine solche Initiative noch nicht in Freiburg gibt. „Die Mädels haben mir angeboten, mit ihrer Hilfe ein Netzwerk in Freiburg aufzubauen. Nach und nach kam dann der Anspruch, das Projekt auch bundesweit anzubieten.“

Studentin Lara Schleef organisiert das erste Girls Picnic und freut sich auf viele neue Gesichter.

Lara organisiert das erste Girls Picnic in Freiburg und freut sich auf viele neue Gesichter.

Über die App Bumble For Friends suchte Lara in Freiburg nach Mithelferinnen für ihre Picknicks und wurde auch schnell fündig. Momentan sind acht Auszubildene und Studentinnen aktiv, die Treffen gegen Einsamkeit organisieren.

Ein Ort des Austauschs

„Die Picknicks sollen einen niederschwelligen Raum bieten, in dem junge Frauen sich treffen können, um neue Leute kennenzulernen und Freundschaften zu schließen“, sagt Lara. Am Tag des Picknicks dürfen auch eigene Freundinnen mitgebracht werden.

Neue Freundschaften zu knüpfen, öffne den Horizont und lasse Perspektivwechsel zu. Lara weiß aus eigener Erfahrung, dass es gerade für Neuzugezogene schwer ist, Anschluss zu finden. Wer seine Familie in der Nähe hat, fährt öfter am Wochenende nach Hause. Wer von weiter her kommt, müsse seine Wochenenden selbst füllen. Sich in einer neuen Stadt zu Hause zu fühlen, hänge auch davon ab, ob man neue tiefe Freundschaften gefunden habe. Schlimm finde sie auch, wenn etwas Tolles passiert sei und man das nicht teilen könne.

„Durch die Picknicks bieten wir die Möglichkeit, Anschluss zu finden, ohne dass die Gruppendynamik schon vorgegeben ist“, sagt Lara. „Denn jede Frau, die komme, suche ja neue Freundinnen“. Das Format eines Picknicks solle ein breites Publikum ansprechen und erfordere zudem nur ein niedriges Budget.

In den Kommentaren unter dem tagesschau Beitrag zu den Bremer Initiatorinnen finden sich Fragen wie: „Warum geht es eigentlich immer nur um Studenten? Da hat man es ja am einfachsten, weil man mit lauter Gleichaltrigen zusammenanfängt“. Lara sieht das anders. Im Vergleich zur Schule finde der Kontakt mit den Kommiliton*innen viel unregelmäßiger statt. Die Semester seien mit drei oder vier Monaten auch sehr kurz. Das Studi-Leben sei zudem sehr schnelllebig, viele ziehen nach wenigen Semestern wieder in eine andere Stadt. Wer alleine wohne und nicht in einer WG, müsse auch lernen, anders mit Einsamkeit umzugehen.

Picknick für Frauen

In einer Unistadt wie Freiburg sollte es viel mehr Angebote geben, neue Leute kennenzulernen, sagt Lara: „Für die Multiperspektivität ist es essenziell, dass verschiedene Menschen sich kennenlernen.“ Oftmals würden die Veranstaltungen in der Ersti-Woche nicht ausreichen, um die flüchtigen Bekanntschaften zu Freundschaften auszubauen.

Aus eigener Erfahrung weiß Lara, dass es schon mal schön ist, allein Kaffee trinken zu gehen. Ins Gespräch zu kommen sei aber schwer: Viele beschäftigen sich mit ihrem Handy, wodurch die Hemmschwelle, eine fremde Person anzusprechen, viel größer geworden sei.

„Wir leben in einer ‚Pseudo-Unabhängigkeit‘“, sagt Lara. So vergesse man schnell, dass wir alle soziale Wesen seien. Einsamkeit sei einer der größten sozialen Risikofaktoren, der schnell in eine Depression führen kann. „Einsamkeit wird immer noch tabuisiert und die Betroffenen schämen sich häufig. Gesellschaftlich wird suggeriert, Menschen, die sich einsam fühlen, seien selbst schuld und sollen doch einfach häufiger die Wohnung verlassen.“

Safe-Space

Und warum können nur Frauen am Picknick teilnehmen? „Die Mädchen, die sich von unserem Picknick angesprochen fühlen, suchen eine Vertrauens- und Bezugsperson. Wir wollen einen Safe Space schaffen und die Möglichkeit bieten, sich zu öffnen.“ Die Picknicks sollen primär zum Knüpfen von Freundschaften und nicht zum Daten dienen.

In den Frauenrunden sei die Atmosphäre lockerer und man schäme sich auch nicht so schnell, allein zu kommen. Andererseits sollen die Treffen keinen Druck aufbauen, denn nicht aus jeder Bekanntschaft entwickle sich eine Freundschaft.

In den Frauenrunden sollen auch Themen angesprochen werden können, die einen beschäftigen. Ziel sei es, ein Netzwerk gegen die Einsamkeit zu schaffen. Lara sagt, dass alle weiblich gelesenen Menschen aller Altersgruppen willkommen seien.

Persönliche Motivation

Die Gründung der Initiative ist Laras persönlicher Schritt gegen die Einsamkeit. Auch sie erhofft sich durch das Projekt, neue Freundschaften zu knüpfen. „In der Woche, in der ich diese Beiträge der tagesschau gesehen habe, habe ich mich einsam gefühlt. Die Gründung der Gruppe kommt mir also sehr gelegen, weil auch viele gute Freundinnen aus Freiburg weggezogen sind. Ich nehme Einsamkeit als gesellschaftliches Problem ernst.“

Um ein schönes Picknick zu machen, könne jede Teilnehmerin etwas zu essen oder zu trinken mitbringen, das auch mit anderen geteilt werden kann. Um Müll zu vermeiden, kann eine eigene Picknickdecke oder ein Handtuch, sowie wiederverwendbare Teller und Becher mitgebracht werden.