Endlich! Die eigenen vier Wände! Der Biomüll residiert jetzt zentral, fußläufig, nicht weit zu Tram und Schranke, schräg gegenüber von Haus 18. Die Müllsammelstelle beim Hausmeisterstützpunkt hat Zuwachs bekommen.
Erfahrene Bewohner*innen der StuSie stutzen jetzt und das Stirnrunzeln ist berechtigt, denn die Biotonne ist kein Neuland für Studierende am Seepark. Vor ziemlich genau einem Jahr endete ein erster Trennversuch. Da lief das Alleinewohnen für den Biomülll nicht ganz so wie erwünscht, doch gänzlich verwerfen wollten die Zuständigen des Studierendenwerks Freiburg (SWFR) die Idee einer braunen Tonne nicht. Nun ist der Biomüll zurück und Studierende stürzen sich erneut und restlos in das Trennvergnügen!

Was es mit dem Bio-Abfall in der StuSie auf sich hat, hat Julia von Christoph Pennig, Nachhaltigkeitsbeauftragter des SWFR, und Stefan Steinert, Leiter des Technischen Hausdiensts, erfahren.
Hallo Herr Steinert, warum wurde der Biomüll in der StuSie letztes Jahr wieder abgeschafft?
Steinert: Die Fehlwurfquote war einfach zu groß. Sobald eine Plastiktüte im Biomüll landet und die Abholfirma sieht das, wird der Biomüll zu Restmüll. Eine Sonderleerung der Tonne verursacht dann Riesenkosten. Es muss extra angefahren werden und auch die Entsorgung kostet. Der Biomüll wurde wieder abgeschafft, weil es fast jedes Mal eine Sonderleerung war. Es sind nur Kosten entstanden und für die Mülltrennung hat es nichts gebracht. Wenn da ein offener Container steht, macht jeder die Klappe auf und schmeißt seinen Müll rein und guckt gar nicht, welche Tonne habe ich da gerade.
Hat es denn in den anderen Wohnheimen besser funktioniert?
Steinert: Das Problem hatten wir in fast allen Wohnheimen. Wir haben nur eines, bei dem es funktioniert. Da war der Biomüll auch durchgängig vorhanden und wurde auch permanent von Studenten betreut. Wir wollen nun in der StuSie testen, ob wir es hier auch hinbekommen, wenn man es ein bisschen anleitet.
Die Rettung
Eine Schlüssel-Chipkarte, wie man sie sonst aus dem Urlaub kennt. Ähnlich dem elektronischen Schloss der Hotelzimmertür wird so der Zugang zur Biomüll-Tonne begrenzt, und es kommt nur das rein, was auch rein soll. So der Plan. In den letzten Wochen wurden die Chip-Karten zu verschiedenen Abholterminen an freiwillige Umweltfreunde und trennbegeisterte StuSie-Bewohner ausgegeben, jeweils eine pro Haushalt. Oben drauf gab’s gleich ein braunes Mitmach-Eimerchen für die WG und eine prägnante Kurzanleitung zum Umgang mit dem Biomüll.
Herr Steinert, was war denn der Grundgedanke hinter dem Chip-Karten-Modell?
Steinert: Der Haupthintergrund hinter dem Chip ist, dass wir die Studenten nochmal genau instruieren können, wie es sein soll und wie es laufen kann, sodass diejenigen, die den Biomüll jetzt nutzen, zuerst ein wenig geschult werden.
Herr Pennig, Sie sind der Nachhaltigkeitsbeauftragte des SWFR, wie kann man sich die Schulung zur Biomülltonne vorstellen?
Wir haben jetzt eine Tutorin, die genau erklärt, was reingehört und was nicht und die auch ein bisschen mit den Mythen aufräumen muss: Zum Beispiel, dass biologisch abbaubare Plastiktüten in den Biomüll kommen, denn das stimmt leider nicht immer. Es gibt Müllverwertungsanlagen, die können das verwerten, aber unsere kann das nicht. Unter Laborbedingungen zersetzen sich die biologisch abbaubaren Plastiktüten wunderbar, aber in der Praxis sind die Zeiträume für den Abbau häufig viel zu kurz.

Darf ich vorstellen: Der potenzielle Mitbewohner. Braun, klein und kompakt. Braucht nicht viel Platz und schläft bevorzugt in der Küche. Ist immer für gemeinsame Kochabende oder ungeplantes Reste-Essen zu haben, besonders wichtig sind ihm Sauberkeit und Ordnung. Er kann auch gut mit Pflanzen und ist stets bemüht um ein gutes (WG-)Klima.
Mehr als 122 StuSie Haushalte teilen ihre Küchen schon mit dem braunen Eimerchen. Ist der Andrang auf den Bio-Abfalleimer so groß wie erwartet?
Pennig: Mit dieser Größenordnung hatten wir gerechnet. Wir haben auch noch eine Reserve zurückgelegt, wir können also noch mehr Abfalleimer rausgeben. Da wir aber noch in der Testphase sind, müssen wir gar nicht alle Bewohner der StuSie erreichen. Wir möchten die erreichen, die motiviert sind. Und deshalb gibt es auch erstmal nur einen Biomüllcontainer. Das heißt für manche, dass sie vielleicht ein kleines bisschen länger zur Tonne laufen müssen. Aber wir denken, dass die motivierten Studierenden das auf sich nehmen. Und die anderen können ja weiterhin den Restmüll verwenden. Für die ist es ja keine Verschlechterung.
Biomüll: Eben anders als der Rest. Warum das Special Treatment?
Der ein oder andere mag sich jetzt die Haare raufen. Noch mehr Müll, um dessen Entsorgung man sich sorgen muss. Dabei haben wir doch gar keinen Platz mehr unter der Spüle. Außerdem trenn ich doch schon alles was nicht niet- und nagelfest ist. Nein, diese stinkende Fruchtfliegenbrutstätte kommt mir nicht in die Küche!
Doch Nachhaltigkeitsbeauftragter Pennig hat gute Gründe dafür, warum wir unser Trenn-Trauma überwinden sollten, und warum die StuSie dem Biomüll eine zweite Chance gibt:
Pennig: Wir machen das Projekt aus verschiedenen Gründen, auch weil viele Studierende nachhaltiger handeln möchten. Wir selbst bemühen uns als Studierendenwerk natürlich auch um Klimaschutz und da gehört eben die Vermeidung von Restmüll und das Aufbauen von Biomüll dazu.
Theoretisch könnte eine Tonne Biomüll 1,7 Tonnen CO2-Äquivalente verhindern. Und das ist natürlich eine extrem leichte und theoretisch auch extrem günstige Maßnahme, Klimaschutz zu betreiben. Und gleichzeitig schließen wir auch Ressourcenkreisläufe. Die Abfallwirtschaft bringt den Biomüll zu einer Biogasanlage. Dort sorgen dann Millionen Bakterien dafür, dass Biogas entsteht. Das wird verbrannt und zu Wärme und Strom gewandelt. Aus dem Rest wird Flüssigdünger und Kompost.
Gleichzeitig haben wir auch eine gesellschaftliche Verantwortung, zu der wir uns als SWFR bekannt haben. Wir haben zum Beispiel die WIN-Charta des Landes Baden-Württemberg unterschrieben und erklären so als Unternehmen, dass wir nachhaltigen Prinzipien verpflichtet sind und es auch sein wollen. Deshalb ist es für uns ganz logisch, zu schauen, was wir machen können.
Grundsätzlich freuen wir uns über jeden, der jetzt bei der Wiedereinführung des Biomülls mitmacht. Lieber ein bisschen weniger reinwerfen und dafür das Richtige reinwerfen. Und wenn es klappt, gerne weitererzählen, denn Nachhaltigkeit lebt davon, dass möglichst viele gut mitmachen.
Gesagt, getan: Seit diesem Interview mit den Vertretern des SWFR ist die Zahl der herausgegebenen Trenn-Chipkarten auf 140 angestiegen. Eine erste Entleerung der großen Biomülltonne verlief anstandslos.
Und damit es weiterhin klappt wie am Schnürchen, steht hier nochmal ganz genau, was in die Tonne darf und was nicht.