Es ist Montagmorgen. Aufgeregt stehe ich vor dem Spiegel und weiß nicht, was ich anziehen soll. Welche Menschen mir wohl gleich beim ersten Kennenlern-Treffen begegnen werden? Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich gleich wieder zu spät sein werde. Schnell schnappe ich mir das Fahrrad und komme etwas außer Atem an. Schon wieder zu spät! Nervös versuche ich mich unauffällig in die Gruppe einzugliedern, bis auch ich mich vorstellen muss: Name, Nebenfach, Funfact. Mit vor Aufregung noch leicht schwitzigen Händen verfolge ich den Rest der Vorstellungsrunde. Es folgt Organisatorisches, dann der erste Mensa-Besuch. Ein Gemüse-Reis steht für mich auf dem Speiseplan. Geschmacklich ganz lecker, die Portion ist riesig. Gestärkt geht es weiter mit der Campusführung. Wie soll ich mich an dieser riesigen Uni jemals zurecht finden, schießt mir dabei durch den Kopf. Und vor allem: Sooo viele neue Gesichter und Namen.
Als ich abends nach Hause fahre, habe ich das Gefühl für die nächsten Tage erstmal schweigen zu wollen, so viel habe ich geredet. Auch der Rest der Woche, ob Kneipentour, Stadtrallye oder Frühstück, alle Aktivitäten stehen im Zeichen des Socializings um bloß richtig Anschluss zu finden. Das macht Spaß, ist aber auch sehr anstrengend.
Wie sieht ein Tag auf dem Campus aus?
Wo war nochmal das KG 2? Nach einigem Umherirren, finde ich gerade noch rechtzeitig den richtigen Hörsaal. Leicht überfordert beim Anblick der vollen Reihen, suche ich im Raum bekannte Gesichter. Kaum sind alle auf ihren Plätzen geht es auch schon los. Jetzt heißt es: Möglichst schnell mittippen! Nach einer anstrengenden Vorlesung begeben wir uns zu einer berühmt-berüchtigten Falafel-Quinoa-Bowl, inklusive Hummus, Süßkartoffel und Blumenkohlsalat, in die Mensa. Was es in hippen Cafés zu stolzen Preisen gibt, findet man in der Rempartstraße für unter 5 €! Entsprechend der Beliebtheit des Gerichtes, ist die Schlange schon von weitem zu sehen. Danach noch eine Tasse Cappuccino im Café Libresso, bevor es die Stufen hoch zum Parlatorium geht.
In dem Bereich der UB, in dem man sich auch mit Tasche und Freund*innen hinsetzen darf, versuche ich mich nicht von den all den Eindrücken um mich herum ablenken zu lassen. Kurz lausche ich, wie zwei Studierende sich gegenseitig Paragraphen abfragen, dort wippt jemand im Takt zu seiner Musik – welche Musik wohl aus den Kopfhörern schallt? Andere beugen sich zur Besprechung gemeinsam über die Vorlesungsfolien an ihrem PC. Durch die großen Glasfronten der UB sehe ich Fahrradfahrer*innen draußen vorbeiflitzen – gedanklich bin auch ich schon auf dem Heimweg, weit weg von universitären Verpflichtungen. Zurück zu unseren Texten und Aufgaben… gemeinsam mit Kommiliton*innen besprechen wir noch einmal die Inhalte der Vorlesung, die uns unklar geblieben sind. Es beruhigt mich festzustellen, dass nicht nur ich mich etwas überfordert fühle von den neuen Inhalten. Trotz komplizierter und anstrengender Themen, macht es Spaß gemeinsam den Input der Vorlesung zu entschlüsseln.
Endlich sind alle Aufgaben geschafft! Schnell geht es zurück nach Hause. Glücklich fahre ich über die Blaue Brücke der Sonne entgegen und beschäftige mich, beim Anblick der ersten Studierenden die schon auf den Bogen der Brücke über den Gleisen thronen, mit meinen abendlichen Plänen. Da habe ich die Qual der Wahl – Hochschulsport oder noch eine Bar mit Kommiliton*innen erkunden?
Studieren von zuhause aus – 5 Minuten vom Bett bis zur Vorlesung
Wenn ich zurückdenke kommt es mir vor, als wäre ich erst gestern aufgeregt durch die Unigebäude gelaufen, doch seit meinem Semesterstart ist viel passiert. Ein Jahr ist vergangen. Die Uni-Cafés sind weitgehend geschlossen, in der Mensa gibt es jetzt Essen to-go. Wer in die UB möchte, dann auch nur, um wirklich fleißig in den ruhigen Lesesälen, die noch geöffnet sind, zu lernen. Und natürlich mit Maske.
Draußen wird es langsam kälter und schneller dunkel, da ist es in den eigenen vier Wänden doch ganz gemütlich. Zu meinen Veranstaltungen heute komme ich nicht mehr zu spät. Für eine Vorlesung um 8 Uhr reicht es, 5 Minuten vorher aufzustehen und eine längere Raumsuche in der Vielzahl an Gebäuden bleibt einem erspart. Mein Kaffeekonsum ist wieder deutlich gesunken und auch die UniCard muss nicht mehr jede Woche neu mit Geld aufgeladen werden, um die vielen Mensagänge, Snacks und Getränke zu finanzieren. Dafür fehlt mir, dass gemeinsame überlegen mit Kommiliton*innen bei welchem Essen man gemeinsam lacht, lästert und fleißig prokrastiniert anstelle seiner Aufgaben nachzugehen. Hatte ich mich nach solchen Mensa-Treffen anschließend doch endlich verabschiedet, traf ich zufällig eine*n Freund*in vor der UB und ließ mich mit Leichtigkeit zu einem weiteren Kaffee überreden – Momente die mir in meinem Studienalltag jetzt fehlen.
In Jogginghose vor dem Laptop zu sitzen ist zwar gemütlich, doch an manchen Tagen würde ich mich heute sogar lieber durch eisigen Wind und Nieselregen bis in den Vorlesungssaal wagen, um dort bekannte Gesichter zu erspähen und sich gemeinsam von den Inhalten abzulenken.
Dieser Alltag am Campus bleibt allen Erstis zur Zeit verwehrt und so heißt es jetzt noch mehr Eigeninitiative ergreifen. Menschen, die man bei der virtuellen Kneipentour oder im Seminar gesichtet hat, aktiv anzuschreiben. Gerade jetzt im Winter, wird es schwieriger, sich einfach draußen bei einem Kaffee oder einer Runde Spikeball am See kennenzulernen. Dafür stellt sich ein anderer Zusammenhalt ein: Online bildet man Lerngruppen, hilft sich gegenseitig durch die Ausnahmesituation. Sich einzuleben in einer fremden Stadt, mit wenigen, bisher nur oberflächlichen Kontakten die man ausschließlich online sieht, erschwert den generell etwas verwirrenden Studienanfang zusätzlich.
Glücklicherweise liegt aber noch ein ganzes Stück Studienzeit und damit all die tollen Erfahrungen vor allen, die gerade mit ihrem Studium begonnen haben! Ob Online oder Offline- beides hat seine Vorteile und versprochen: Das Beste kommt erst noch!
Wie fühlen sich die Erstis dieses Jahr?
Laut unserer Autorin Arlette besteht also erstmal kein Grund zur Panik. Aber wie gehen die Erstis selber mit diesem besonderen Studienstart um? Welche Enttäuschungen und auch welche positiven Überraschungen sie erlebt haben, darüber hat Paulina mit einigen von ihnen gesprochen.
Nicht für jede/n ist so ein digitaler Studienstart leicht zu handhaben. Viele wissen nicht, wie sie sich organisieren und ihre Zeit vor den Bildschirmen einteilen sollen. Lilly hat daher mit Mitarbeiter*innen der Studienberatung gesprochen und von ihnen Tipps & Tricks zum Studium im Home-Office eingeholt.