Es war einmal…die blutige Kulturgeschichte der Periode. Der Hamburger Arzt Adolf Alexander versuchte im Jahr 1841 erstmals die medizinische Seite der Periode zu erklären. Seine Erkenntnisse veröffentlichte er in seinem Werk „Physiologie der Menstruation“. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Menstruation vielen Menschen großes Kopfzerbrechen bereitet. Es entstanden wilde Gerüchte und unfassbare Mythen:
Wenn die alten Griechen philosophieren
Viele Griechen der Antike waren der Meinung, die Periode entstünde aus einer übermäßigen Nahrungsaufnahme. Als bekannte Vertreter dieser Theorie lassen sich Pythagoras (580-496 v. Chr.) und Aristoteles (384–322 v. Chr.) nennen. Für Pythagoras war die Menstruation schlicht und einfach eine Reinigung des Körpers. Aristoteles betrachtete die beiden Geschlechter als Werkzeuge. Die Frau bietet den Nährboden, der Mann den Samen. In der Zeit, in der der Keim wächst, ernähre er sich durch das mütterliche “Blut-Gemisch”. Das Blut stellte also das Futter für den Embryo dar.
Für andere, wie Hippokrates (460-ca. 370 v. Chr.), war die Menstruation ebenfalls ein Reinigungsprozess des weiblichen Körpers. Doch seiner medizinischen Ansicht nach, war die Gebärmutter sehr beweglich und ging im ganzen Körper spazieren. Die Gebärmutter übernahm sozusagen die Rolle der Müllabfuhr. Die ganzen gesammelten Unreinheiten des Körpers wurden dann über die Menstruation ausgeschieden.
Frau und Religion
In Sachen Menstruation waren sich die verschiedenen Weltreligionen einig: Sowohl im Christentum, Judentum, Hinduismus, wie auch im Islam wurden Frauen während ihrer Tage als unrein angesehen und durften nicht angefasst werden, ohne dass sich diese Person ebenfalls verunreinigte. In einigen dieser Religionen wurden Frauen sogar zur Isolierung gezwungen, wie auch zur zeitweiligen Selbstaufgabe. Das bedeutete, dass ihnen Körperpflege völlig untersagt war, Haare kämmen oder Waschen absolut verboten. Zum Trinken durften sie nur ungebrannte Behälter benutzten oder die Hand.
Frauen mussten, sich auf den Boden legen und durften nichts weiter tun. Auch Schlafen am Tag und jegliche Kommunikation mit der Außenwelt waren tabu.
Das Christentum benutzte die Menstruation als Vorwand, um mächtige Frauen aus hochrangigen Positionen in der Kirche zu verdrängen.
Die moderne Zivilisation und ihre Tücken
Für den französischen Aufklärer Jean Jacques Rousseau (1712-1778) war die Menstruation eine Folge des neuen, zivilisierten, „schlechten Lebensstils“. Eine zu reichhaltige Ernährung gepaart mit wenig Bewegung seien keine guten Angewohnheiten und zu sehr von einem natürlichen Lebensstil entfernt. Zudem kritisierte er den gesellschaftlichen Wert der sexuellen Abstinenz. Rousseaus Motto: Mehr Sex, weniger Essen!
Mit der Entwicklung der modernen Zivilisation nahmen auch die Kenntnisse der Wissenschaft immer weiter zu. Im Jahr 1827 entdeckte Karl Ernst von Baer die weibliche Eizelle. 13 Jahre später offenbarte Charles Negier den Zusammenhang von Eizelle und Menstruation. Das Veröffentlichen dieser Erkenntnisse veränderte die Position zur Menstruation jedoch kein bisschen. Hätte Mann mal Frau gefragt, wäre man der Sache vielleicht schneller auf die Spur gekommen.
Ich mach’ mir die Welt, wie sie mir gefällt: Menotoxin
1920 war ein Jahr, welches alle Feinde der Menstruation vermutlich erfreut hat: Der Arzt Béla Schick nahm an, Menstruationsblut sei giftig. Seine Haushälterin hatte zuvor Blumen ins Wasser gestellt, worauf diese bald darauf komplett verwelkt waren. Er erfuhr, dass sie im Moment ihre Tage hatte. Daraufhin führte er weitere Versuche durch. Eine andere Frau, ohne Monatsblutung, musste ebenfalls eine kurze Zeit Schnittblumen in der Hand halten und, sieh da, die Blumen blieben frisch. Schick führte den Vorfall auf Menotoxin zurück, ein Gift, das mit dem Blut ausgeschieden wird. 1958 wurde diese Erkenntnis allerdings vom Würzburger Arzt Karl Johann Burger revidiert.
Der Aberglaube war schon lange in den Köpfen der Menschen verankert. Die Periode wurde zu etwas, worüber nicht gesprochen wurde. Die Tabuisierung, und das fehlende Verständnis für die Abläufe im Körper verstärkten das Schamgefühl der Frauen.
Und heute?
Frauen haben es in diesem Jahrhundert eindeutig einfacher. Dank der wissenschaftlichen Fortschritte ist zum Thema Menstruation Vieles erforscht. Hygieneprodukte vereinfachen den Alltag, mit Menstruation lässt es sich unabhängig und frei leben. Alles perfekt, oder?
Schön wär’s. Das Thema ist in der Gesellschaft immer noch ein Tabu. Menstruation wird meist erst dann thematisiert, wenn sie entweder ausbleibt oder Probleme bereitet. Die Medien illustrieren Blut in Werbungen immer noch blau oder lila. Blaues Blut klingt zwar königlich und edel, doch zeigt es insbesondere, dass es auch hunderte Jahre später noch viel zu tun gibt.
Fakten zur Menstruation
Wie viel Blut verliert eine Frau eigentlich bei der Menstruation? Und wie funktioniert eine Menstruationstasse? Wir haben mit der Frauenärztin, Dr. Carola Dornberg-Lämmlin, darüber gesprochen.
Tabu Menstruation
Heutzutage gibt’s ja eigentlich nichts, über das wir nicht Bescheid wissen, so scheint es zumindest. Nachrichten überschwemmen uns jeden Tag, demnach sollte von Tabus eigentlich keine Rede sein. Aber wie sieht es mit dem Thema Menstruation aus? Im folgenden Podcast sprechen die Freiburger Studentinnen Marie und Emily mit der Frauenärztin Dr. Carola Dornberg-Lämmlin darüber, was es mit der Periode so auf sich hat und gehen der Tabuisierung dieses Themas auf den Grund.