Tristan Brusch – Am Wahn
In „Am Wahn“ liefert Tristan Brusch Einblick in hypertoxische und schädliche Beziehungen. Gar nicht mal so einfach, wirft man den Blick auf bereits erschienene Tracks der Musiklandschaft, die das Thema abzuarbeiten versuchten – und scheiterten. Brusch hingegen schafft es lyrisch und instrumental immer wieder Gefühle der Enge und des Unbehagens bei Hörer*innen aufkommen zu lassen. Wir sinken in eine tiefdunkle Höhle von irrsinnigen Schattenseiten der Liebe.
Nach den beiden Singles „Wahnsinn mich zu lieben“ und „Oh, Lord“ taucht in „Kein Problem“ die deutsche Chanson-Sängerin Annette Louisan auf und haucht fast alle Sätze von Tristan Brusch wiederholend ins Mikrofon. Dabei klingen sie wirklich wie zwei Liebende, die nebeneinander liegen, sich anschauen, wissen, dass auch geflunkert und gelogen wird – vielleicht sogar in jedem Satz. Aber schlimmer wäre, einander nicht mehr zu haben, oder? „Du willst nochmal nach draußen, ich will nur uns zwei“, singt Brusch aber alleine und das Echo verstummt. Also hängt der Segen im Hause Louisan – Brusch doch schief? Dabei klangen die Lügen so fantastisch! In „Seifenblasen“ verbrennt der Rausch der Liebe auf Alu Papier, aber „It’s better to burn out then to fade away“, oder Neil Young? Und mit „Baggersee“ haben wir auch das bittersüßeste Lied des Albums gefunden: Sehnsucht, nostalgisches Schwelgen, in das man sich zurücksehnt, wenn die Tage und Nächte nichts anderes zulassen und der letzte Moment vielleicht schon erreicht ist.
Tristan Brusch gibt in seinem dritten Studioalbum eine Idee des Endlichseins und erinnert, an welche Zeiten man sich wohl kurz vorm eigenen Tod nochmal einlässt. Vielleicht nackt mit der wichtigsten Person im Baggersee schwimmen. Was man erlebt hat, das kann einem niemand mehr nehmen und das ist ja eigentlich ein sehr tröstlicher und versöhnlicher Gedanke.
Hier nochmal zum Nachhören: