„… und was machst du so?“
Immer dieselbe Frage! Oft folgt ein auswendig gelernter Satz als Antwort auf die Frage nach dem Studium. Wir wollen mehr wissen: Was verbirgt sich hinter den Studienfächern? Was ist gut und was nicht so? Und was macht man damit eigentlich? Heute mit Emma, Ethnologie, 7. Semester.
Was studierst du?
Ich studiere Ethnologie im Hauptfach und Portugiesisch im Nebenfach. Die Ethnologie ist Teil der Kultur- und Sozialwissenschaften, die sich mit gesellschaftlichen Fragen, wie zwischenmenschlichen Austausch- und Aushandlungsprozessen, beschäftigen. Dabei sticht die Ethnologie für mich durch ihre Methodik heraus, und dadurch, dass sie sich ständig selbst hinterfragt und versucht zu sehen, wer sonst in der Wissenschaft oder der Gesellschaft nicht gesehen wird.
Teilnehmende Beobachtung charakterisiert das klassische ethnografische Forschen: Man taucht über einen längeren Zeitraum intensiv in den Ort, die Menschen und Dinge ein, die ein komplexes zu untersuchendes Thema ausmachen. So wird versucht, Leben möglichst ganzheitlich auf allen Ebenen zu erfahren und zu verstehen.
Die Ethnologie hat eine koloniale Vergangenheit und um diese nicht zu reproduzieren, muss das ständige kritische Hinterfragen Grundlage sein. Es wird über Konzepte reflektiert, wie zum Beispiel Identität, Kultur und Natur. Außerdem setzt sie sich mit heutigen relevanten und sich überschneidenden Themen auseinander, wie Migration, Rassismus, Sexismus, Postkolonialismus, Kapitalismus und Klimakrise.
An der Uni Freiburg sind die Themenbereiche der Ethnologie in vier Stränge unterteilt: Religion, Wirtschaft, Sozial- und Politikethnologie. Die ethnologischen Themenfelder sind riesig und vielfältig. Man kann eigentlich alles ethnologisch betrachten, was mit Menschen, Tieren oder “Nicht-Lebewesen” zu tun hat. Letzteres meint das, was wir nicht als Lebewesen kategorisieren würden, wie zum Beispiel Gletscher. Dann schaut man sich ihre Handlungsmacht im Alltag an.
Die Ethnologie reflektiert sich selbst ständig, was eine Arbeit ist, die alle Fächer machen sollten. In seiner kolonialen Geschichte hat das Fach dazu beigetragen, Dichotomien, also Zweiteilungen, festzufahren, wie beispielsweise Westen/Nicht-Westen – auch Okzident/Orient, fremd/eigen, Wissen/Glaube, Mann/Frau, Natur/Kultur, Forschende/Beforschte, und so weiter. Mittlerweile versucht die Ethnologie genau diese aufzubrechen.
Ich schätze an der Ethnologie, dass sie Alternativen sucht und immer wieder zeigt, dass alles dynamisch, prozesshaft, situiert – also kontextabhängig – und verwoben ist. Wenn man einen gegenwartsrelevanten Einblick in aktuelle ethnologische Fragen bekommen möchte – dann ab zum Haus der Kulturen der Welt (HKW) in Berlin!
Was möchtest du damit machen?
Zurzeit würde ich am liebsten als Kuratorin, also Ausstellungsmacherin, in einem ethnologischen oder kulturellen Museum arbeiten. Mich interessiert die Wirkmacht von Bildungsarbeit, die Auseinandersetzung mit gegenwärtigen Themen, verbunden mit dem gestalterischen Aspekt. Die Museumsethnologie ist ein großes Teilgebiet der möglichen Arbeitsperspektiven. Außerdem kann man in kulturwissenschaftlichen Forschungsinstituten arbeiten, in Freiburg zum Beispiel beim Arnold-Bergstraesser-Institut, da bin ich ab Mai Praktikantin. Ich kann mir auch gut vorstellen, den akademischen Weg weiterzugehen, denn es gibt noch ganz viele ethnologische Themenbereiche, die mich neugierig machen. Außerdem können Ethnolog*innen auch in die Entwicklungszusammenarbeit gehen, die im Rahmen des Studiums auch kritisch beleuchtet wird. Im Journalismus finden auch einige ihren Platz.
In unserer global vernetzten Welt voller interkultureller Prozesse und andauernden ungleichen Machtverhältnissen ist es meiner Meinung nach immer und überall gut, Ethnolog*innen dabei zu haben.
Info
Alle Infos zum Studiengang gibt es hier.