Jede*r kann sich wahrscheinlich noch an die Woche erinnern, in der sich alles sehr schnell veränderte. Von einem auf den anderen Tag wurden zum Teil in allerletzter Sekunde Konzerte und Veranstaltungen abgesagt, die UB geschlossen und Begegnungen nur noch in kleinen Gruppen zugelassen.
Wir mussten uns zum ersten Mal damit abfinden, dass wir unser Leben nicht vollständig durchplanen können. Wir konnten nicht sagen, wie das nächste Wochenende aussieht oder wo der Sommerurlaub dieses Jahr hingehen wird.
Doch Menschen sind Gewohnheitstiere: Während die ersten Tage von Unplanbarkeit und Veränderung geprägt waren, fingen die meisten nach kurzer Zeit an, sich in dieser Situation einzurichten. Dabei entstand eine neue Art von Verbindlichkeit. Denn gerade in der sozialen Isolation sind wir angewiesen auf regelmäßige Interaktion und Kontakte, auf die Gewissheit jemanden zu sehen – wenigstens über Skype, Zoom oder ähnlichem. Schnell entstanden virtuelle Treffen mit Freund*innen und Bekannten: Mittagessen-Skypedates, Spieleabende und Online-Weinproben.
Das ritualisierte Freitagabend-Skypedate mit meinen Freunden wurde zur Institution und findet (fast) immer statt – egal ob wir in Freiburg, Mannheim oder bei unseren Eltern auf der Couch sitzen. Was soll auch dazwischenkommen – abgesehen von einer anderen Skypesession? Muss man doch einmal absagen, wird das bereits frühzeitig angekündigt. Verbindlichkeit ist in dieser Ausnahmesituation plötzlich ein hohes Gut.
Ich habe festgestellt: Mich hat diese Verbindlichkeit durch den Lockdown gebracht hat. Doch was passiert mit der Verbindlichkeit nach dem Lockdown, jetzt wo ein Stück Normalität zurückgekehrt ist? Im Moment verliert die Online-Welt für einen kurzen Moment die Relevanz und die Verbindlichkeit wird mehr und mehr in die Offline-Welt verlagert: Die persönlichen Begegnungen haben gerade mehr Priorität, während Skype-Verabredungen in den Hintergrund rücken.
Ob das so bleibt und ob sich unsere Einstellung zur Verbindlichkeit durch Corona tatsächlich nachhaltig verändert hat, ist momentan schwer zu sagen. Mir ist jedoch klargeworden, wie wichtig menschliche Interaktion und Verbindlichkeit ist, um solche Krisen zu meistern. Mit dieser Erkenntnis fühle ich mich immerhin gewappnet für einen möglichen zweiten Lockdown.