Die Sonne scheint, die Dreisam plätschert, im Wasser spielen Kinder. Unter der Freiburger Schnewlinbrücke sind bunte Bilder zu sehen: Graffiti in allen Formen, Farben und Größen zieren aber nicht nur diese legale Sprühfläche am Fluss sowie 13 weitere Wände im Stadtgebiet. An fast jeder Fassade in Freiburg ist Farbe zu finden. Betroffen sind oftmals auch Privateigentum oder nicht ausgewiesene Mauerwerke.
Wie sieht die Graffiti-Szene in Freiburg aus? Zwei Sprayer – legal und illegal unterwegs – geben Einblicke und erklären, was Graffiti für sie bedeutet.
Der Freiburger Sprayer „SetsOne“ bewertet das kritisch: „Man sieht viele Schmierereien, die einen persönlich auch wütend machen. Viele Leute sehen Graffiti nur als Schmiererei.“ Laut der Freiburger Polizei sind Zeichnungen jeder Art an privaten oder staatlichen Gebäuden sowie im öffentlichen Raum verboten. Graffiti wird strafrechtlich verfolgt.
Ohne ausdrückliche Erlaubnis fallen solche Delikte unter Sachbeschädigung. Geahndet werden kann sie mit Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren oder Geldstrafen. In einigen Fällen kann auch Hausfriedensbruch geltend gemacht werden. Täter*innen müssen auch hier mit Geldstrafen, Anwalts- und Prozesskosten sowie Sozialstunden rechnen.
Laut Polizeisprecher Özkan Cira hat Freiburg eine aktive Sprayer-Szene: Im vergangenen Jahr notierte das Polizeipräsidium Freiburg insgesamt 915 Fälle von illegalem Graffiti. Nur jeder zehnte Täter wurde gefasst. „Eine belastbare Aussage über Tatverdächtige ist demnach schwierig“, so Cira.
Sprühen ist auch bei Jugendlichen beliebt. Was hinter dem Reiz des Illegalen steckt, erklärt Psychologin Rosmarie Schöllhorn im uniCROSS-Interview.
Das Freiburger Rathaus hat die Graffiti-Szene im Blick. Es befürchtet: Illegales Graffiti könne das Sicherheitsgefühl beeinträchtigen. Rund 250.000 Euro gibt die Stadt daher jedes Jahr für die Beseitigung von illegalen Sprayereien aus.
Seit 2017 arbeitet das Rathaus mit dem Verein „Sicheres Freiburg“ an einem Kompromiss. Wer sprayen will, darf das unter Einhaltung bestimmter Regeln tun: Insgesamt 14 Flächen im Stadtgebiet wurden zum Ausüben der künstlerischen Seite von Graffiti freigegeben. Sprayer Kai nutzt diese legalen Flächen für seine Kunst. Er bekomme überwiegend positive Resonanz zu seinen Werken.
Eine Karte mit den legalen Flächen ist im Netz leicht zu finden. Auch im Graffiti- und Streetwear-Shop „Still Ill“ hängt so eine Übersicht. Der Inhaber, der seinen Namen nicht nennen möchte, betont, dass es wichtig sei, mit der Kunstform auf legalem Wege in Kontakt zu kommen. Das Interesse an Graffiti als Kunstform sei hoch. Und die Akzeptanz gegenüber den Bildern sei in den vergangenen Jahren gestiegen.
Illegalität will er vorbeugen. Er berät Jugendliche und ermutige sie, das Sprayen an den ausgewiesenen Wänden auszuprobieren. Er betont: „Die Flächen sind für alle da.“
Eine Gemeinschaftsproduktion von Falk Lorenzen, Juli Kriegl, George Leipold und Fanni Oberst im Rahmen des Seminars „Einführung in den crossmedialen Journalismus“ für Studierende der Medienkulturwissenschaft. Seminarleitung, Redaktion: Ada Rhode, Andreas Nagel, Philip Thomas.