„Tauben sind Tiere wie Hunde und Katzen auch. Sie verdienen unseren Respekt.“ Dafür setzt sich Zinaida Nabulsi gemeinsam mit anderen ehrenamtlichen Taubenschützer*innen von „RespekTiere Tauben“ ein. Und das mit Leidenschaft -obwohl die Liebe zu Tauben auch im Tierschutz noch immer etwas Außergewöhnliches ist. Denn viel weiter verbreitet ist der Taubenhass.
Tauben haben ein Image-Problem
Die Vorurteile gegen Tauben sind vielfältig. Bezeichnet als „Ratte der Luft“ gelten sie als dreckig, nervig oder dumm. Ihnen wird nachgesagt, Krankheiten zu übertragen oder historische Gebäude mit ihrem Kot zu beschädigen. Diese Annahmen sind weit verbreitet und hartnäckig, obwohl sie meistens leicht zu entkräften sind.
Wie auf der Seite des Deutschen Tierschutzbundes nachzulesen ist, geht von Tauben keine größere gesundheitliche Gefahr aus als von anderen Vögeln oder Haustieren auch. „Sie müssten schon Taubenkot essen, um davon krank zu werden“, sagt auch Zinaida Nabulsi.
Die Behauptung, dass Tauben empfindlichen Sandstein beschädigen, sei ebenfalls nicht wahr, denn der Taubenkot werde vom Regen größtenteils wieder weggewischt. Luft- und Umweltverschmutzung hingegen schädige die Bausubstanz permanent. Auch die Annahme, dass Tauben frech seien, weil sie nach Futter betteln, sei ein Trugschluss. „Die Taube ist ein Fluchttier. Sie hat keinen Spaß daran, nervig zu sein, sie hat lediglich Hunger“, sagt die Tierschützerin.
Stadttauben sind Haustiere
Da Stadttauben meist von verwilderten Haustauben oder deren Nachkommen abstammen, seien sie Haustiere sagt Zinaida Nabulsi. In der Stadt haben sie allerdings kaum Chancen auf ein friedliches Leben. Essensreste, auf welche sie angewiesen seien, eignen sich nicht als Futter und gern gesehen sind die Vögel keinesfalls. Viele Menschen stören sich an ihrem Gurren, ihrem Kot oder fürchten sich vor Krankheiten. Als Folge werden sie verachtet, verscheucht oder sogar getötet.
Die Tierschützer*innen sehen häufig stark verletzte Tauben, weil sie entweder misshandelt wurden oder sich mit ihren Füßen im Müll auf der Straße verheddern. Achtlos weggeworfene Plastikteile können den Tieren großen Schaden zufügen.
Die fehlende Empathie gegenüber den Tauben im Vergleich zu anderen Tierarten und Haustieren erklärt sich Nabulsi unter anderem so, dass sie von vielen Menschen eben nicht als verwilderte Haus-, sondern als Wildtiere wahrgenommen werden. Diese werden in der Stadt oft als „fehl am Platz“ bewertet.
Tauben vertreiben bringt nichts
Wie unerwünscht Tauben in der Stadt tatsächlich sind, offenbart ein kurzer Blick in die meisten Innenstädte. So haben auch in Freiburg viele Gebäude sogenannte Tauben-Spikes, also spitze Metallvorrichtungen, welche die Tauben von Hauseingängen und Balkonen fernhalten sollen.
Dass diese Maßnahmen allerdings kaum etwas bringen, ist unter Tierschützer*innen bekannt. Als Felsenbrüter sind Tauben dafür veranlagt, an Gebäudevorsprüngen und Balkonen zu brüten. Statt dass es die Tauben nachhaltig vertreibe, nisten die Tiere einfach an der nächstbesten Stelle. Da Tauben standorttreu sind, brüten sie im schlimmsten Fall auf den Spikes, was zu grausamen Verletzungen führe.
Dafür mitverantwortlich sei der Umstand, dass sich trotz aller Aufklärung noch immer viel Geld mit der Vertreibung und Tötung von Tauben verdienen lasse. Tatsächlich gibt bereits eine kurze Suchmaschinenrecherche zum Thema „Tauben“ zahlreiche Kaufvorschläge für Vogelabwehr- oder Tötungsmaßnahmen. Durch Unverständnis und Vorurteile werden diese Angebote noch immer häufig genutzt, was nicht mit dem Tierschutz vereinbar sei, sagt Zinaida Nabulsi.
Tauben in Freiburg
Doch was hilft stattdessen? Die Kampagne „RespektTaube“ des Deutschen Tierschutzbundes sowie die Freiburger Initiative „RespekTiere Tauben“ sehen den besten Umgang mit Stadttauben neben der Aufklärung und dem Respekt in der Errichtung von Taubenschlägen. Eine Strategie, welche mittlerweile von immer mehr Städten, darunter auch Freiburg, verfolgt wird. Demnach ermöglichen es sogenannte Taubenhäuser, die Tauben artgerecht zu füttern und ihre Gesundheit zu kontrollieren. Durch das Austauschen ihrer Eier gegen Attrappen kann ihre Vermehrung tiergerecht reguliert werden. „So entsteht ein kleinerer, gesunder Stadttaubenbestand“, wie es auf der Webseite der Stadt Freiburg heißt.
In Freiburg gibt es drei dieser Taubenschläge, welche in enger Kooperation mit der Stadt Freiburg, der Abfallwirtschaft und Stadtreinigung Freiburg sowie der Freiburger Stadtbaugesellschaft realisiert wurden. Zwei davon werden hauptamtlich betreut, trotzdem ist das Konzept auf engagierte Ehrenamtler*innen angewiesen. „Mit den Taubenschlägen wurde ein wichtiger Schritt für ein besseres Verhältnis zwischen Mensch und Taube getan. Für die Unterstützung des Oberbürgermeisters und des Gemeinderats sind wir dankbar“, sagt Zinaida Nabulsi.
Trotz dieser Maßnahmen sieht sie noch vieles, das noch geändert werden müsse: „Es müsste in jedem Stadtteil mit über 100 Tauben einen Taubenschlag geben.“ Nur so können die Tauben von den Straßen geholt und die Population durch das Eiertauschen kontrolliert werden, was bei Tauben notwendig sei. „Schließlich lässt man Hunde und Katzen auch nicht unkastriert auf der Straße“, sagt Zinaida Nabulsi.
Doch am Wichtigsten sei die Haltung, mit welcher wir den Tauben begegnen. Weil sich viele Menschen vor Tauben ekeln, würden sie zum Beispiel sogar auch einfach liegen gelassen, wenn sie verletzt seien.
Verletze Tauben nicht liegen lassen
Dabei sei es wichtig zu helfen. Finde man zum Beispiel eine verletze Taube, könne man die Initiative RespekTiere Tauben benachrichtigen, welche das Tier dann abhole. Wichtig sei, die Taube bis dahin nicht alleine zu lassen. „Wer sich nicht traut, die Taube mit der Hand anzufassen, kann sie mit einem Schal oder einem Karton sichern. Hauptsache, man lässt sie nicht einfach liegen.“ Die Taubenschützer*innen haben schon erlebt, dass die Taube nicht mehr auffindbar oder bereits tot sei, wenn sie ankommen.
„Die Menschen wissen nicht, dass der Finder oder die Finderin einer verletzen Taube oft deren einzige Überlebenschance ist.“ Wer überhaupt keine Zeit habe, um bei der Taube zu warten, könne sie auch im nächsten Geschäft abgeben und die Initiative darüber informieren. Ein verletztes Haustier würde man ja auch nicht auf der Straße liegen lassen und eine Taube verdiene denselben Respekt, sagt Zinaida Nabulsi.
Mehr Respekt für Stadttauben
„Es kann nicht sein, dass wir als Gesellschaft den Tierschutz hochhalten und uns dabei so katastrophal an Tauben vergehen“, sagt Zinaida Nabulsi. Denn Tauben seien, anders als oftmals angenommen, sehr intelligente und auch liebevolle Tiere. Das zeige sich unter anderem in der Betreuung der Taubenschläge. „Wenn eine Taube gepflegt und gut behandelt wird, dann begrüßt sie uns und schmust wie eine Katze.“ Diese Seite der Tauben ist den meisten Menschen noch immer unbekannt.
Ein Umstand, den die Freiburger Taubenschützer*innen verändern möchten, indem sie weiterhin die Vorurteile über Stadttauben aufklären und sich für mehr Respekt gegenüber den Tieren einsetzen.