Wie kommt die Uni durch den Winter?
Wie das Wintersemester dieses Jahr aussehen wird, war wegen der Energiekrise lange nicht klar. Nun hat das Semester begonnen und die Uni hat Maßnahmen beschlossen. Warum doch keine verlängerte Winterpause kommt und welche Maßnahmen es geben wird.
Das Wintersemester hat begonnen – pünktlich zum 17. Oktober 2022 und in Präsenz. Das war nicht selbstverständlich. Der Grund dafür ist dieses Jahr nicht (nur) die anhaltenden Coronapandemie, sondern die nächste Krise, die Energiekrise. Seit dem Krieg in der Ukraine und den daraus resultierenden Spannungen zwischen Deutschland und Russland zeichnete sich ab, dass Deutschland im Winter wohl ohne russisches Gas auskommen müssen wird.
Suche nach Lösungen
Die Uni habe sich deshalb schon früh mit dem Thema beschäftigt und bereits im Juli vier Arbeitskreise ins Leben gerufen, sagt Dr. Petra Markmeyer-Pieles, Leiterin der Stabstelle Sicherheit, Umwelt und Nachhaltigkeit und stellvertretende Kanzlerin der Uni Freiburg. „Im Senat gab es eine Sondersitzung dazu.“
Unter der Leitung der Rektorin Prof. Dr. Kerstin Krieglstein gebe es einen übergeordneten Arbeitskreis und je einen Arbeitskreis für die Bereiche Lehre, Betrieb und Forschung. Im Arbeitskreis Lehre war neben dem Prorektor für Lehre Professor Michael Schwarze und den Studiendekan*innen auch die Studierendenvertretung beteiligt. „Alle waren sehr konstruktiv und haben sehr aktiv Vorschläge gemacht“, sagt Petra Markmeyer-Pieles.
Das sehen die Vertreter*innen des AStA, des Allgemeinen Studierendenausschuss, auch so. Julia vom AStA kritisiert jedoch, dass das Rektorat unabhängig von der offenen und engen Zusammenarbeit im Arbeitskreis Lehre Maßnahmen beschlossen habe, die der AStA im Interesse der Studierendenschaft vehement abgelehnt hatte: zunächst die Vorverlegung der Vorlesungszeit und dann die Verlängerung der Winterpause nach Weihnachten.
Verlegung des Vorlesungszeit
Petra Markmeyer-Pieles betont, dass es zwar Überlegungen gegeben habe, die Vorlesungszeit innerhalb des Semesters vorzuverlegen, also auf den 1. Oktober, der offiziell Beginn des Wintersemesters ist. Allerdings sei eine Vorverlegung des Semesters, also vor den 1. Oktober, keine Option gewesen.
Ende Juli verkündete das Rektorat stattdessen eine verlängerte Winterpause von Weihnachten bis zum 21. Januar 2023. Denn das, sagt Markmeyer-Pieles, sei erfahrungsgemäß die Zeit im Jahr, in der auch am meisten Energie verbraucht werde.
Da die Studierenden den ganzen Sommer davon ausgegangen waren, dass diese Winterpause umgesetzt werde, forderte der AStA die Universitätsleitung Anfang August 2022 in einer öffentlichen Stellungnahme dazu auf, die geplanten Maßnahmen, also im Wesentlichen die Winterpause, noch einmal zu prüfen und die Studierenden dabei mehr zu berücksichtigen.
In der Stellungnahme kritisierte der AStA außerdem, dass noch keine genauen Details zur Winterpause bekanntgegeben wurden, sondern lediglich auf die Verantwortung der Fakultäten hingewiesen wurde. Die einzig denkbaren Folgen aus einer „Winterpause“ seien eine Umstellung auf Online-Lehre oder eine Stauchung des Semesters gewesen, schlussfolgert der AStA. Die Winterpause schiebe die Kosten in den Geldbeutel der Studierenden und besonders nach den vergangenen Pandemiesemestern würden diese lieber in kalten Hörsälen sitzen als wieder in Zoom-Konferenzen, schreibt der AStA in seiner Stellungnahme.
Rücknahme der Winterpause
Viele Studierende befürchteten den Sommer durch, dass eine Winterpause kommen würde, da es keine weiteren Informationen seitens der Uni gab. Am 5. Oktober 2022 verschickte die Unileitung dann einen Newsletter mit dem Hinweis, dass die Winterpause nicht umgesetzt werde.
Petra Markmeyer-Pieles erklärt, dass bis Ende September nicht geklärt gewesen sei, ob die Uni zu den sogenannten „geschützten Kunden“ gehöre, deren Gasversorgung in jeden Fall sichergestellt wird. Der Bund habe dann festgelegt, dass die Universitäten zu den geschützten Kunden zählen, da sie grundlegende soziale Dienste anbieten. Kurz vor Beginn des Semesters sei dann zudem die deutliche Äußerung der neuen Wissenschaftsministerin gekommen, dass das Präsenzsemester oberste Priorität bei Ministerium und Hochschulleitung habe. Mit dieser Sicherheit habe man dann entschieden, dass die Verlängerung der Winterpause nicht nötig sei.
Julia vom AStA kritisiert, dass die Uni mögliche Maßnahmen wie die verlängerte Winterpause zu früh und zu vollendet an die Studierenden kommuniziert habe. Ende Juli hatten der Bund und die Länder noch keine finale Priorisierung beschlossen, an der sich die Uni orientieren konnte und somit sei es nicht sinnvoll gewesen, von Seite der Uni aus schon feste Maßnahmen zu verkünden. Julia hätte sich gewünscht, dass die Uni den Studierenden im Juli gesagt hätte, dass eine Winterpause kommen könnte, anstatt das schon absolut festzulegen und zu sagen, dass sie definitiv kommen wird.
Auch wenn die Universitäten nun priorisiert wurden, hat das Land Baden-Württemberg ihnen klare Vorgaben gemacht: 20 Prozent des bisherigen Energieverbrauchs müssen eingespart werden. Dieses Ziel strebe die Universität mit allen Kräften an, so Markmeyer-Pieles.
Endgültige Maßnahmen
Nun werden an der Uni Freiburg die Verordnung vom Bund sowie selbstgesetzte Maßnahmen insbesondere in Forschung und Betrieb zum Energiesparen umgesetzt. In den Vorgaben vom Bund steht vor allem die Absenkung von Raumtemperaturen um ein Grad Celsius. Bei einer Vorlesung im Hörsaal wird es im Winter also 19 Grad haben, in anderen Räumen je nach der dortigen Tätigkeit nur bis zu 16 Grad. Das ist nicht gerade kuschelig warm, aber Petra Markmeyer-Pieles schließt sich dem AStA an und sagt: „Lieber mit dem Pullover in den Hörsaal als gar nicht, oder?“ Zu den selbstentwickelten Maßnahmen gehören etwa Regulierungen, Anpassungen und Geräteerneuerungen im Laborbetrieb und im Rechenzentrum. Wie viel Energie genau wo eingespart werden wird, sei derzeit noch nicht klar bezifferbar. Denn, so Petra Markmeyer-Pieles, die Nutzungsweise von Gebäuden, Räumen und Geräten sei komplex und variierend.
Die Vertretung der Studierendenschaft begrüßt, dass es nun kaum Einschränkungen in der Lehre gebe, zumal die Lehre nur 10 bis 20 Prozent des Energieverbrauchs der gesamten Uni ausmache. Besonders darüber, dass die UB wie gewohnt von 7-24 Uhr geöffnet bleiben wird, dürften viele Studierende erleichtert sein. Petra Markmeyer-Pieles betont, dass dies in der Arbeitsgruppe Lehre aber auch nie in Frage gestellt worden sei.
Alle anderen Universitätsgebäude werden im Winter nur noch zwischen 7 und 20 Uhr statt wie bislang zwischen 7 und 22 Uhr beheizt. Markmeyer-Pieles weist jedoch darauf hin, dass das nicht bedeute, dass es schon um halb neun frostige Temperaturen haben werde. Die Restwärme sorge dafür, dass es auch nach 20 Uhr noch möglich sei, in den Universitätsräumen zu sein. Die Fachschaften, deren Sitzungen meist nach 20 Uhr in Gebäuden der Uni stattfinden, sind gespannt, wie das im Winter tatsächlich sein wird, sagt Julia vom AStA. Sie stellen sich darauf ein, dass sie mit ihren Sitzungen vielleicht woanders hin ausweichen müssen.
Jeder Beitrag zählt
Die Universität erwarte indes auch von den Studierenden, einen Beitrag zum Energiesparen zu leisten, sagt Petra Markmeyer-Pieles. Dazu gehöre etwa ein sparsamer Umgang etwa mit Licht und Strom.
In den Sporthallen werde es zwar weiterhin die Möglichkeit geben, warm zu duschen, doch auch hier appelliert die Uni an die Studierenden, das Duschen möglichst kurz zu halten. Nicht nur aufgrund der Gasknappheit, sondern auch im Sinne der Nachhaltigkeit, gelte es, möglichst viel Energie einzusparen, betont Petra Markmeyer-Pieles.
Nun hoffen Studierende, Lehrende und die Rektoratsebene, dass der Universitätsbetrieb über den Winter wie geplant weitergehen kann. Aber sicher sind sich alle Beteiligten nicht. Julia vom AStA weist darauf hin, dass Corona gezeigt habe, dass sich das Land schnell umentscheiden kann. Es könne immer eine Überraschung kommen, sagt auch Petra Markmeyer-Pieles: „Die Lage ist hochdynamisch.“