Die Teilnehmenden der Exkursion haben sich viele Filme der letzten hundert Jahre angeschaut. Zu ihrem Erlebnis trugen auch Bekanntschaften, Gespräche und eine Führung durch ein Restaurationslabor bei. Inmitten von Filmliebhaber*innen haben sie mit Aperol in der Hand und Pizza im Bauch das Flair von Bolognas Straßen und Plätzen genossen.

Vorhang auf, Film ab, Aperol rein!

Die Geschichte des Farbfilms

Ganz selbstverständlich schauen wir uns farbige Filme im Kino, zuhause oder auf dem Smartphone an. Sehen wir etwas Schönes, zücken wir unsere Handys, drücken auf den Aufnahmeknopf und zack! – ein buntes Video entsteht. Das war nicht immer so einfach. Wir wagen eine Zeitreise ins Kino des 20. Jahrhunderts. Erster Halt: Die Geschichte der Farbe im Film. Begleitet hat uns der Filmkurator Karl Wratschko.

Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts gibt es erste Bestrebungen, Filme bunt zu gestalten. Das geschieht anfangs nur von Hand. Ab 1905 sind auch Schablonen in Verwendung. Dabei werden einzelne Bereiche und besondere Szenen aufwändig nachkoloriert. Dieser Prozess ist mühsam: Ein ganzer Arbeitstag ist nötig für einen kurzen Abschnitt mit einigen wenigen Einzelbildern.

1906 entwickelt Georg Albert Smith das Kinemacolor-Verfahren. Ein Zweifarbenverfahren, das Rot- und Grüntöne integriert. Trotz eingeschränkter Farbpalette ist es der erste kommerzielle Farbfilmerfolg.

Erstmals dreifarbig, also naturgetreu, wird der Farbfilm Mitte der 1930er Jahre. Möglich wird es durch das Linsenrasterverfahren. Hier ist der Schwarz-Weiß-Film linsenförmig geprägt. Im Kameraobjektiv befinden sich drei Lichtfilter. Das Verfahren erzeugt einen optischen Trick. Allerdings werden hierfür Spezialleinwände benötigt, weshalb der erste Linsenrasterfilm „Das Schönheitsfleckchen“ ein „One-Hit-Wonder“ bleibt.

Die US-amerikanische Firma Technicolor entwickelt ebenfalls eine Methode, um dreifarbige Filme zu produzieren. Sie spannt drei Filmrollen gleichzeitig ein. Mithilfe einer Strahlen-Teiler-Kamera werden die Rollen in rot, grün und blau belichtet. Anschließend werden die entwickelten Filme übereinander kopiert – natürliche und stabile Farben sind das Ergebnis. Dieses Verfahren ist allerdings sehr aufwendig und teuer, weshalb ist es nur bei großen Hollywood-Produktionen eingesetzt wird. „Jaws“ von Steven Spielberg wurde mit dieser Technik gefilmt.

Der Monopack-Film: Revolution des Farbfilms

Der Monopack-Film ist ein mehrschichtiger Farbfilm. Alle Farbinformationen werden auf einem Filmstreifen erfasst, wodurch die Produktion einfacher wird. Auch Laien haben nun einen leichteren Zugang. Filmkurator Wratschkow betont, dass die Farbe sich zuerst im Schmalfilm durchsetzt und nicht im kommerziellen Film. Als Schmalfilm gelten alle Filme mit einem Format kleiner als 35mm. Es wird vor allem von Amatuerfilmer*innen genutzt.

Ein erstes erfolgreiches Verfahren entwickelt Kodak mit dem Kodachrome-Film. Dieser überzeugt durch Qualität und Stabilität. Er übertrifft seine Vorgänger um Weiten. Die Farbpigmente werden erst bei der Entwicklung des Films hinzugefügt. Das Ergebnis: schärfer und farbentreuer. Wratschko erklärt: „Ab 1938 war der Prozess stabil und die Farben von überlieferten Filmen schauen heute meist fast noch so aus wie damals.“ Trotz des großen Aufwands ist das Verfahren im Schmalfilm bis in die 2000er Jahre sehr verbreitet. „Für viele hatte der Film die besten Farben, die je ein Film hatte“, so Wratschko. Von Kodak wurden allerdings keine 35mm-Filme angeboten. Deshalb kommt der Kodachrome-Film im kommerziellen Film nie zum Einsatz.

Der endgültige Durchbruch im Farbfilm ist der Monopack-Film Agfacolor Neu. Der neu entwickelte Prozess ermöglicht mehrere Kopien eines Farbnegativs – ein Meilenstein in der Filmproduktion. „Grundsätzlich basieren alle späteren Farbfilme auf Agfacolor Neu“, stellt Wratschko klar. Der bahnbrechende negativ-positiv Prozess ist kompatibel mit bestehenden Technologien in der Entwicklung, der Kamera und der Projektion. Im Vergleich zu Kodachrome braucht der Agfacolor Neu nur ein Siebtel der Entwicklungsschritte. Der geringere Aufwand und die niedrigeren Kosten von Agfacolor Neu fördern den Farbfilmdreh. „Im kommerziellen Film setzt sich Farbe erst ab Ende der 1960er Jahre voll durch“, kontrastiert Wratschko.

Agfacolor Neu inspiriert auch die Entwicklung weiterer Systeme. Unter anderem Eastman Color, das 1950 von Kodak eingeführt wird. Kodak verknüpft die Qualität des Technicolor-Verfahrens mit der Einfachheit des Agfacolors.

Durch den digitalen Wandel haben viele Hersteller in den 2000er Jahren ihre Produktion eingestellt. Nur Kodak bleibt weiterhin auf dem Markt. „Grundsätzlich arbeiten alle Filmemacher*innen, die Film verwenden, nun mit Kodak-Produkten und alle hoffen, dass Kodak die Produktion nicht einstellt”, verdeutlicht Wratschko. 2023 bringt das deutsche Unternehmen ORWO, ein Tochterunternehmen der Firma Agfa, einen neuen Farbfilm auf den Markt. Der Filmkurator drückt seine Hoffnung auf ein Analog-Revival aus, wie es in der Musikindustrie zu beobachten ist.

„Eigentlich kann man mich mit Heimatfilmen jagen“

Begeben wir uns wieder auf die Zeitreise. Unser nächster Stopp: Die Reihe Dark Heimat, kuratiert von Olaf Möller. Die Filme sind Zeugnisse der Zeitgeschichte und geben einen Einblick in den Zeitgeist der unmittelbaren Nachkriegszeit. Mit dem Filmexperten Prof. Dr. Andreas Rauscher sprechen die Autorinnen über ihre Eindrücke und die Bedeutung der Filmreihe.