Wundermittel oder Hype?
Cannabidiol (CBD) soll Wunder wirken und bei vielen Krankheiten wie Schlafstörungen, Alzheimer und Krebs helfen. Was genau CBD ist, und was sich hinter dem Hype versteckt, erklärt der Neurologe und Leiter des Epilepsiezentrums des Uni-Klinikums Freiburg, Prof. Dr. med. Andreas Schulze-Bonhage. Außerdem: Wie CBD aus medizinischer Sicht beurteilt wird sowie persönliche Erfahrungen bei der Anwendung und dem Verkauf von CBD-Öl.
Was ist CBD?
Hinweis: CBD soll immer nur in Absprache mit einem Arzt eingenommen werden, der über bestehende Krankheiten, Symptome und Therapien urteilen kann. Missbrauch und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten können Nebenwirkungen verursachen.
Das CBD gehört zur Familie der Cannabinoide und ist im Gegensatz zu dem bekannten Tetrahydrocannabinol (THC) ein nicht psychoaktives Cannabinoid. Es wird aus den Blüten der weiblichen Hanfpflanze gewonnen und soll antibakteriell, schmerzlindernd und krampflösend wirken.
CBD beeinflusst über Mechanismen die Regulierung von Körperabläufen, wie Schmerzwahrnehmungen. Erste Studien beweisen die positive Wirkung, zum Beispiel bei seltenen Epilepsieerkrankungen im Sinne der Anfallshäufigkeit, wie sie Dr. Schulze-Bonhage bestätigt. Er mahnt jedoch zur Vorsicht: Momentan werde CBD aus kommerziellen Gründen als Allheilmittel gegen Krankheiten angepriesen, für die es noch keine oder ungenügende Studien gebe.
CBD gibt es als Kapseln zum Einnehmen, als Liquid zum Inhalieren, als Tabletten, Tee oder als Salbe. Das CBD in Ölform ist eine Mischung aus reinem CBD und einem natürlichen Öl als Trägerstoff, wie zum Beispiel Hanfsamenöl oder Sonnenblumenöl. Dies hat geschmackliche Vorteile, aber vor allem wird die Aufnahme im Körper durch das Öl erleichtert. Viele Produkte enthalten jedoch unbekannte Zusatzstoffe oder gar kein CBD, sodass es immer ratsam ist, sich vor der Einnahme über seröse Anbieter beim Arzt oder in der Apotheke zu informieren.
Fakten und Mythen zu CBD
MKW-Studierende haben sich mit den gängigsten Fakten und Mythen zu CBD auseinandergesetzt. Dr. Schulze-Bonhage gibt Antworten zu diesen Fakten und Mythen, die im Internet kursieren.
Seit 150 Jahren gibt es wissenschaftliche Beweise für die Wirkung von CBD.
Fakt. Seit fast 2.000 Jahren wurde in antiken Kulturen Cannabis als Medizin eingesetzt und seit circa 150 Jahren ist auch aus medizinischen Publikationen bekannt, dass Cannabis positiv auf den Körper wirken kann. Wissenschaftliche Studien zu CBD werden seit 2017 durchgeführt und stellen einen jungen Forschungsbereich dar. Seit 2018 gebe es zudem Beweise für die Wirksamkeit bei bestimmten und seltenen Epilepsiekrankheiten und psychiatrischen Erkrankungen, wie Schizophrenien. Es müsse jedoch noch weiter erforscht werden, bei welchen Erkrankungen eine CBD-Behandlung hilfreich und wie das Verhältnis von Wirkungen und Nebenwirkungen sei.
CBD macht high und ist illegal.
Mythos. CBD fällt nicht in die Kategorie der Betäubungsmittel, da sein THC-Gehalt unter 0,2 Prozent liegt und somit legal ist. Aufgrund des niedrigen THC-Gehalts wirkt CBD nicht psychoaktiv und macht nicht high. Der Besitz der Hanfblüte sowie deren Einnahme und Anbau sind jedoch nach wie vor illegal und dürfen nur von bestimmten Unternehmen mit gesetzlich geregelten Maßnahmen gezüchtet werden.
CBD im medizinischen Gebrauch, das sich vom herkömmlichen CBD in der Zusammensetzung unterscheidet, ist andererseits apotheken- und verschreibungspflichtig. Frei käuflich als Nahrungsergänzungsmittel ist das CBD in CBD-Shops, Apotheken und neuerdings in manchen Drogeriemärkten.
CBD ist als Medikament klassifiziert.
Fakt. In Deutschland war CBD nach §2(3) des deutschen Arzneimittelgesetzes bislang als Nahrungsergänzungsmittel eingestuft und durfte als Arzneimittel nur in seltenen Fällen verschrieben werden. In den letzten Wochen wurde jedoch CBD von der European Medicines Agency als Medikament zur Zusatzbehandlung zweier seltener Epilepsieformen zugelassen. Zurzeit diskutiert die EU-Kommission zudem darüber, ob Produkte mit CBD-Zusatzstoffen oder CBD-Nahrungsergänzungsmittel als „Novel Food“, sogenannte neuartige Lebensmittel, nur mit Zulassung verkauft werden dürfen.
Es gibt synthetische Versionen des natürlichen CBDs.
Fakt. Synthetische Versionen sind reine Versionen des Cannabidiol ohne THC-Gehalt. Sie dürfen nur von Ärzten verschrieben und von Apothekern oder qualifizierten Herstellern verkauft werden. Das natürlich isolierte Cannabidiol besitzt einen THC-Gehalt von unter 0,2 Prozent, da bei gezüchteten Industriehanf der THC-Gehalt nicht vollständig entfernt werden kann.
CBD ist immer und gegen jede Krankheit wirksam.
Mythos. Es ist noch nicht bekannt, wie und bei welchen Erkrankungen CBD wirkt. Bei allen Schmerzerkrankungen, wie beispielsweise bei Migräne, gebe es allgemein einen sehr starken Placebo Effekt. Deswegen müsse man bei Schmerzkrankheiten besonders vorsichtig sein und forschen, ob ein wirklicher Effekt oder nur die Hoffnung in das Produkt wirke. Dr. Schulze-Bonhage betont, dass studienbasierte Beweise immer vor und während ärztlichen Therapien notwendig seien.
Es gibt keine Nebenwirkungen oder Überdosierung. CBD ist ja pflanzlich.
Mythos. Die Wissenschaft hat bisher nicht vollständig verstanden, wie der Stoff im Körper wirkt und wie jede wirksame Substanz, hat CBD Nebenwirkungen. Allgemein sei es sehr gut verträglich, könne jedoch unerwünschte Wirkungen wie Durchfall oder Müdigkeit auslösen. CBD kann Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten hervorrufen und deren Wirkung beeinflussen und/oder verstärken.
CBD kann den Abbau von anderen Substanzen verlangsamen, sodass diese bis zu fünf Mal stärker wirken. In diesem Fall ist die Differenzierung zwischen der Medikamentenwirkung und der Wirkung des CBDs wichtig, die unter ärztlicher Betreuung stattfinden sollte.
Nebenwirkungen bei qualitativ schlechten CBD-Produkten sind noch schwieriger einzuschätzen. Umso wichtiger sei es darauf zu achten, welche Hersteller qualitativ hochwertige CBD Produkte verkaufen und deshalb solle man vor einer CBD Einnahme immer mit einem Arzt Symptome, Behandlungen sowie Dosierungen besprechen. Ob Wechselwirkungen mit der Antibabypille auftreten können, sei nicht bekannt, da es in diesem Bereich kaum Studien gebe.
Mit CBD kann ich ungehindert verreisen.
Mythos. Bei Reisen in der EU und nach Amerika sollte es keine Probleme bei der Aus- und Einreise geben, da CBD kein Betäubungsmittel ist. Für alle Fälle sollte man jedoch eine ärztliche Bescheinigung und eine Liste aller Inhaltsstoffe mit sich führen. Um ganz sicher zu gehen, kann man sich vorher bei den zuständigen Behörden im Reiseland über die CBD-Landesgesetzte erkundigen.
Welche Erfahrungen haben Studierende mit CBD gemacht?
„Habe das Öl probiert. Hat mir gegen Krämpfe geholfen, leider hilft es mir nicht mehr.“ – Studentin
„Im medizinischen Sinn kann es gut sein, aber Tee hat wahrscheinlich eine bessere Wirkung.“ – Student
„Die durch meine Mukoviszidose auftretenden Symptome, wie Husten, Bauchschmerzen und Einschlafprobleme wurden durch die Einnahme von CBD-Öl merklich vermindert.“ – Informatikstudent
„Schon mal gehört, aber keine Ahnung was das genau ist.“ – Medizinstudent
CBD aus medizinischer Sicht
Im Gespräch mit Lara, die persönliche Erfahrungen mit CBD gemacht hat, und Prof. Dr. med. Schulze-Bonhage über die Bereiche, in denen CBD tatsächlich angewendet wird sowie die Beurteilung aus medizinischer Sicht.
Persönliche Erfahrungen mit CBD
Schlafstörungen, Menstruationskrämpfe, Migräne oder Stress können den Uni-Alltag negativ beeinflussen. Oft greifen wir zu Ibuprofen, Paracetamol oder Novalgin. Die MKW-Studierenden Sophie, Friederike und Naemi haben sich mit Lara getroffen, die eine natürliche Alternative in Form von CBD-Öl für sich entdeckt hat. Sophie spricht mit Lara über ihre Erfahrungen.
Team
Eine Gemeinschaftsproduktion von Sophie Familia (Teaser-Foto), Friederike Andrae (Interview-Foto) und Naemi Ntanguen im Rahmen des Seminars „Einführung in den crossmedialen Journalismus“ für Studierende der Medienkulturwissenschaft.
Seminarleitung, Redaktion: Silvia Cavallucci, Karsten Kurowski, Ragna Plaehn-Johansson.