Einer Statistik aus dem Jahr 2021 zufolge hat jede*r zweite*r Deutsche schon mal eine Fernbeziehung geführt, bei jeder zehnten aktuellen Beziehung handelt sich um eine Fernbeziehung. Häufig sind auch die Lebenswege rund um das Studium mit Ortswechseln verbunden, was Studierende in ihrer Partnerschaft vor Herausforderungen stellt.
Klaus hat mit vier Studierenden über ihre Fernbeziehungen innerhalb Deutschlands, in die Schweiz und nach Ungarn gesprochen und gefragt, wie es dazu gekommen ist, auf welche Weisen sie ihre Beziehung am Laufen halten und was ihre jeweiligen Zukunftsaussichten sind.
Mein Freund und ich haben uns in Berlin kennengelernt. Ich habe zu diesem Zeitpunkt für drei Monate ein Praktikum dort gemacht und er hat dort in der Phase zwischen seinem Bachelor- und Masterstudium gearbeitet. Wir waren damals sechs Wochen lang Mitbewohner. In der letzten Woche hat sich dann herauskristallisiert, dass da vielleicht mehr sein könnte. Wir mussten uns dann ziemlich schnell entscheiden, wie wir damit umgehen sollen, denn ich bin dann wieder zurück nach Stuttgart gegangen und er ist in Berlin geblieben. Letztendlich haben wir uns dann für die Fernbeziehung entschieden.
Wir sind jetzt eineinhalb Jahre zusammen. Das erste Jahr war zwischen Berlin und Stuttgart und jetzt, da wir beide unsere Master angefangen haben, zwischen Freiburg und Budapest.
Wir versuchen uns mindestens einmal im Monat zu besuchen. Meistens sehen wir uns dann für etwa vier Tage. Wir versuchen zwar so oft es geht mit dem Zug zu fahren, da wir aber meistens nur wenig Zeit zusammen haben, müssen wir leider auch immer wieder auf das Flugzeug zurückgreifen. Meistens fliege ich von Basel aus oder mein Freund fliegt nach Deutschland, um seine Familie in Duisburg zu besuchen, dann fährt er danach noch über Freiburg nach Basel. Manchmal treffen wir uns auch bei mir zu Hause in Stuttgart.
Wir skypen mindestens einmal in der Woche miteinander. Wir haben auch eine Zeit lang regelmäßig eine Serie gemeinsam geschaut und nebenbei geschrieben oder telefoniert. Ich rufe ihn abends auch an. Ich nenne das dann immer unseren „Gute Nacht Anruf“, wir quatschen dann über unseren Tag.
Ich glaube, wir führen tendenziell schon eine sehr schwierige Fernbeziehung. Mein Freund studiert internationale Beziehungen mit Schwerpunkt auf Diplomatie und sein Berufswunsch ist es, dann ins Auswärtige Amt zu gehen. Das würde aber bedeuten, dass er alle drei Jahre seinen Standort wechseln müsste. Aber selbst wenn er dort nicht angenommen wird, bleibt es extrem ungewiss, da ich mir nach meinem Studium vermutlich nicht gerade aussuchen kann, wo ich einen Job finden werde. Ich glaube, unsere Beziehung ist wirklich so nach dem Motto: Es fühlt es sich im Moment gut an, aber wir versuchen eben so wenig wie möglich an die Zukunft zu denken. Das ist manchmal echt super schwer.
Wir haben uns in Freiburg über Tinder kennengelernt, zu diesem Zeitpunkt habe ich in dort gearbeitet und sie studiert. Wir sind jetzt seit ungefähr eineinhalb Jahren zusammen, seit September führen wir eine Fernbeziehung.
Schon bevor wir uns kennengelernt hatten, hatte ich mir intensiv die Frage gestellt, wie mein Weg jetzt so weitergehen wird. Hierbei hatte ich dann schon ziemlich fest den innerlichen Entschluss gefasst, die Stadt zu wechseln und zu studieren. Dann habe ich mich auf ein Studium außerhalb von Freiburg beworben und wurde schließlich in Offenbach angenommen. Was mich tatsächlich sehr motiviert hat, das durchzuziehen, war, dass meine Freundin zu dieser Zeit ein Erasmusjahr in Genf in der Schweiz anfangen wollte. Dann haben wir beide quasi den gemeinsamen Entschluss gefasst, Freiburg zu verlassen. Meine Freundin ist jetzt seit letztem September in Genf und ich seit letztem Oktober in Offenbach bei Frankfurt.
Wir haben täglich Kontakt miteinander, indem wir schreiben, manchmal telefonieren wir auch miteinander. Zu telefonieren ist aber ziemlich schwierig, weil sich der jeweilige Alltag eigentlich null nach der anderen Person richtet, sondern nach dem jeweils eigenen Stil. Wir versuchen uns regelmäßig alle drei bis vier Wochen zu treffen. Was wir auch oft gemacht haben, ist, dass wir zusammen in den Urlaub gefahren sind, also sie von Genf aus und ich von Frankfurt aus. Wir haben uns zum Beispiel mal in Paris getroffen.
Unsere Zukunft ist noch nicht festgelegt. Meine Freundin hatte die Idee zum nächsten Semester die Uni zu wechseln und würde dann gerne bei mir in Frankfurt weiter studieren, dann möchten wir gerne zusammenziehen. Leider ist es noch ziemlich unklar, ob sie angenommen wird.
Rational betrachtet war unsere Fernbeziehung von Anfang an ein Kompromiss, würde ich sagen, wobei wir das Modell einer Fernbeziehung als vorübergehende Lösung und Überbrückung verstehen. Die Alternative wäre ganz klar gewesen, unsere Beziehung zu beenden. Ich denke, jede*r sollte in einer Beziehung seinen eigenen Weg gehen dürfen und umso schöner finde ich es, wenn sich diese auf kurz oder lang dann hoffentlich wiederfinden werden. Wenn das bei uns jetzt Ende diesen Jahres nicht möglich sein sollte, dann wird die Fernbeziehung von meiner Seite aus eben weitergeführt. Eine Fernbeziehung als Dauerzustand wäre für mich aber nicht denkbar.
Wir haben uns zweimal kennengelernt. Einmal zufällig auf einer Reise in Myanmar, da haben wir uns dann aber ziemlich schnell wieder aus den Augen verloren und dann habe ich ihn später über Tinder in München wieder aufgegabelt. Ungefähr ein halbes Jahr danach sind wir zusammengekommen und sind jetzt seit eineinhalb Jahren zusammen. Unsere Fernbeziehung geht jetzt seit einem halben Jahr, seitdem ich für meinen Master letzten Oktober nach Freiburg gezogen bin. Mein Freund arbeitet in einem Start-Up-Unternehmen in München.
Wir telefonieren eigentlich jeden Tag, sowohl via Telefon als auch mit Video. Ehrlich gesagt, ist es aber ziemlich schwierig, die andere Person stets auf dem Laufenden zu halten, was man gerade so macht. Nur über das Telefon rüberzubringen, was man erlebt hat, ist einfach nicht dasselbe, als sich zu sehen. Ich würde sagen, wir sehen uns im Schnitt so etwa alle drei Wochen für ein verlängertes Wochenende, meistens etwa drei Tage lang. Wir wechseln uns meistens ab, wer wen besucht, das ist eigentlich ziemlich ausgeglichen.
Letztes Semester hatte ich noch viel mehr Online-Veranstaltungen und konnte dann auch mal länger in München bleiben. Wenn ich ihn jetzt besuchen möchte, dann muss ich das um meine Veranstaltungen herum planen. Wenn er zu mir kommt, dann muss er meistens freitags noch einen halben Tag im Homeoffice arbeiten.
In absehbarer Zukunft wird auf jeden Fall nochmal mehr Distanz zwischen uns sein, da die zweite Hälfte von meinem Master in Lyon in Frankreich stattfinden wird. Wir gehen jetzt beide mal davon aus, dass wir auch in Zukunft zusammen sein werden.
Ich kann jetzt aber noch nicht genau sagen, wo ich nach meinem Master leben werde. Ich kann mir auch vorstellen, dann noch eine Weile in Frankreich zu bleiben. Ich denke, es ist in Ordnung, wenn es nicht meine oberste Priorität ist, mein Leben nach dem Master komplett auf die Beziehung auszurichten, sondern darauf zu achten, wo es mich persönlich hinziehen wird.
Mein Freund und ich haben vor neun Jahren zusammen unser Abi in Furtwangen gemacht, damals waren wir auch in einer gemeinsamen Clique. Wir haben eigentlich schon immer ein bisschen füreinander geschwärmt, da ich damals aber bereits in einer anderen Beziehung war, kam mehr als eine gute Freundschaft in dieser Zeit aber nicht in Frage. Nachdem ich dann zum Studieren nach Freiburg gezogen bin, hatten wir nur noch sehr selten Kontakt. Anfang 2020 ist er dann von Furtwangen nach Lörrach gezogen, um seine Masterthesis in einem Unternehmen dort zu schreiben.
Nachdem ich meine vorherige Beziehung nach acht Jahren beendet hatte, fingen wir wieder an, häufiger miteinander zu schreiben. Irgendwann hat er mich dann auch öfter auf dem Weg von Lörrach nach Furtwangen in Freiburg besucht. Hierdurch hat sich schlussendlich mehr zwischen uns entwickelt und wir sind auch ziemlich schnell zusammengekommen, in dieser Zeit sind wir dann zwischen Freiburg und Lörrach gependelt.
Nach seiner Masterthesis hat mein Freund das Angebot für eine Festanstellung in Hessen erhalten und auch die Aussicht bekommen, dass er dort promovieren kann. Dadurch dass das dann schon auf den Tisch kam, bevor es mit uns so ernst geworden ist, hat er dieses Angebot angenommen. Im September 2020 ist er in die Nähe von Kassel gezogen, seitdem führen wir eine Fernbeziehung zwischen Freiburg und Kassel.
Wir sehen uns eigentlich so gut wie jedes Wochenende. Gut ist, dass es eine relativ direkte Bahnverbindung gibt, das sind dann so vier Stunden Fahrt ungefähr. Wir schauen, dass das immer sehr ausgeglichen ist, wer wen besucht aber dadurch, dass er einfach mehr Geld zur Verfügung hat, fährt er häufiger zu mir als ich zu ihm.
Abgesehen davon sind wir auch regelmäßig in Kontakt und weil wir beide nicht so gerne telefonieren, schreiben wir meistens miteinander. Wir schicken uns auch oft Bilder und halten uns darüber auf dem Laufenden, was wir jeweils so machen.
Wir reden mittlerweile auch immer mehr über unsere Zukunft und würden uns gerne eine gemeinsame aufbauen, aber wir sind uns generell noch unsicher, wie es mit uns jeweils selbst weitergehen wird. Mein Freund wird auf jeden Fall noch zwei bis drei Jahre promovieren und ich werde erst einmal meinen Master abschließen. Der Plan ist dann aber schon zusammen zu ziehen, die Frage ist nur unter welchen Umständen und wo. Wenn es jetzt nochmal zwei Jahre Fernbeziehung werden sollten, ist das mies, aber auch das wäre bestimmt irgendwie machbar.
Die Statistik zu Fernbeziehungen ist hier nachzulesen.