Das Between The Beats-Festival war aufgrund seiner Location schon immer in einer herausfordernden Situation: Einerseits muss das Publikum einer mittelgroßen deutschen Stadt, die nur eine verschwindend kleine Indie-Szene hat, für ein Indie-Festival begeistert werden. Andererseits kann das Festival kein Erfolg werden, wenn das Line-Up nicht auch ein paar Freiburg-Szene-Hipster ins schlecht angebundene Lörrach lockt. Diesen Spagat merkt man dem Festival permanent an.
Es beginnt beim Einlass, wo zwei wahrlich unsymphatische Türsteher alle aufhalten, ohne genau zu wissen, was sie von ihnen wollen. Tickets? Gibt es erst hinter den Türstehern, am Ticket Desk. Hinter der unangenehmen Überraschung am Eingang wartet eine Konzertlocation, die man in mittelgroßen deutschen Städten zu tausenden findet: Irgendwann zwischen 1995 und 2010 gebaut, funktional und soll irgendwie elegant wirken.
Der Fluch des obligatorischen Opening Acts
Der erste Künstler des Abends, Tristan Brusch wird als “(…) einer der spannendsten neuen deutschen Künstler!” angekündigt. Er ist es nicht. Vielmehr klingt er wie ein psychedelisch angehauchter Faber, zwar mit dessen Macker-Attitüde, jedoch ohne dessen Eingängigkeit. “Highlight” seiner Show ist ein Song, den er mit den Worten ankündigt “Ich wollte jetzt auch mal ein feministisches Lied schreiben, und das ist mir gelungen.” Der Song ist an Einfachheit kaum zu überbieten, es geht darum, dass die Gleichstellung jetzt passiert und er das toll findet. Es ist so super, wenn ein weißer Mann, der nur mit Männern in einer Band spielt einfach mal bestimmt, dass er feministisches Empowerment verstanden hat und dass jetzt alles gut wird. Wäre nicht nötig gewesen. Danke, next.
Auf den verunglückten Opener folgt mit Me + Marie die Vertretung für den kurzfristig abgesprungenen Peterlicht. Und sie machen aus der auch für sie sicher nicht einfachen Situation das beste. Me + Marie wirken wie eine sehr poppige Version der White Stripes, mit Höhen und Tiefen. Die Single “Sad Songs To Dance” ist eine dieser Höhen. Das Quartett wirkt motiviert, der Gitarrist (der wohl das “me” im Bandnamen darstellen soll, weil er prominent neben der Drummerin Marie platziert ist) wirkt fast schon peinlich übermotiviert. Jemand könnte ihm mal erklären, dass er nicht bei Kiss spielt. Aber ihm bei sehr klischeehaftem Posing zuzuschauen ist immerhin sehr unterhaltsam für das Publikum.
Entspannter läuft es beim folgenden Act Dan Mangan ab. Man merkt Mangan an, dass er niemandem mehr etwas beweisen muss, er spielt seinen Indie-Folk-Pop mit Ruhe und einer sehr angenehmen Routine. Der Auftritt ist keiner, der in irgendwelchen Bestenlisten auftauchen wird, aber das Publikum ist gut unterhalten und lässt sich sogar irgendwann zum Mitsingen motivieren. Ein netter Auftritt.
Das Special-Interest-Spektakel
Das absolut unumstrittene Highlight des Festivalabends kommt unverhofft. Es handelt sich um die britische Band Public Service Broadcasting. Das Trio aus London macht Post-Punk mit starken elektronischen Einflüssen. Allerdings wird nicht gesungen, die Stimmen, die zu hören sind sind allesamt Samples aus verschiedenen Rundfunk-Formaten der letzten 150 Jahre. Das ganze ist thematisch arrangiert, so gibt es einen Track, der die Mondumrundung der Apollo 8 beschreibt, nur mithilfe veröffentlichter Fragmente des Funkverkehrs zwischen Huston und den Astronauten. Oder gleich mehrere Stücke über die Kohle-Industrie im Wales der fünfziger Jahre.
Die Band steht oft im Schatten, während die großen Video-Installtationen die Geschichten erzählen. Und das funktioniert fantastisch! Public Service Broadcasting erinnern ein wenig an Kraftwerk, wenn diese keine Angst vor Gitarren gehabt hätten. Die Band hat sichtlich Spaß, das inzwischen etwas ausgedünnte Publikum auch! Um halb 12 ist die Halle jedoch auch schon halb leer. Für viele war nach Dan Mangan Feierabend. Damit verpassen sie den besten Act des Abends, wahrscheinlich sogar den besten Act der dieses Jahr in Lörrach gespielt hat. Zumindest bis jetzt, bald kommt ja auch Iggy Pop nach Lörrach.